Redakteur: Thorsten Krebs
Quelle: Fr. Lutzenberger
Publikationsdatum: 23.04.2016
Letzte Änderung: 18.12.2016

Das Archiv des Bücherclubs (1)

Hier findet ihr zurückliegende Rezensionen unseres Bücherclubs

Lesetipps der Woche


In unserem Archiv findet ihr Kurzkritiken spannender und bewegender Bücher zu den verschiedensten Themenbereichen, die Schüler des Bücherclubs für euch verfasst haben. Die Bewertungen reichen von einem Buchherz (=nicht besonders zu empfehlen) bis zu 5 Buchherzen (=ein absolutes Lesemuss!). Die Rezensionen sind als Anregung und "Appetitmacher" gedacht. Und jetzt: ran an die Bücher und sich selbst ein Urteil bilden! Neben den den aktuellen Lesetipps gibt es hier noch weitere Buchkritiken für euch: Archiv der Rezensionen (2) und Archiv der Rezensionen (3). des Bücherclubs.


Erebos hat ein Ziel: Es will töten.

Sucht. Sie begleitet uns immer im Leben, auch wenn wir es manchmal nicht merken. Manche sind süchtig nach Süßigkeiten, andere nach Alkohol oder Zigaretten und wieder andere können nicht ohne ihr Handy leben. Eine weitere Art von Abhängigkeit wird in Ursula Poznanskis neuem Thriller beschrieben. Das Buch handelt von einer Art Computerspiel, von dem alle Spielenden sofort besessen sind. „Erebos“ wird an einer Londoner Schule herumgereicht und verbreitet sich schneller als ein Lauffeuer. Als auch der 16-jährige Nick ein Exemplar in die Hände gedrückt bekommt, kann er nicht widerstehen. Zwar kommt ihm alles sehr komisch vor, denn seit dem Erscheinen des PC-Spiels fehlen reihenweise Schüler im Unterricht und auch seine Freunde verhalten sich plötzlich sehr merkwürdig. Außerdem darf niemand über die CD-ROM sprechen. Trotzdem schiebt Nick das Spiel in den Laptop und schon nach wenigen Minuten wird er so davon in den Bann gezogen, dass er sogar die Schule am nächsten Tag schwänzt. Das Simulationsspiel, bei dem man mit seiner kleinen Figur durch eine virtuelle Welt läuft, um Aufgaben zu erfüllen, übt einen großen Reiz auf ihn aus, denn das Besondere daran ist, dass das Spiel immer zu wissen scheint, was er sagt oder denkt, und auch gezielt darauf antwortet. Sogar als es Nick befiehlt, in der realen Welt Aufgaben auszuführen, wie zum Beispiel eine mysteriöse Kiste an einer U-Bahn Station abzuholen, wird er nicht stutzig. Erst als der Junge einen Auftrag erhält, der ihn zum ersten Mal zweifeln lässt, schafft er es, sich von der Sucht loszureißen.
„Erebos“, ausgezeichnet mit dem deutschen Jugendliteraturpreis, ist in einem sehr spannenden Stil geschrieben, da die virtuelle Welt in der Ich-Perspektive gestaltet ist, was den Leser näher ans Geschehen bringt. Die vielen außergewöhnlichen Namen der Spielfiguren und die beschriebene Landschaft ziehen einen in den Bann der Geschichte und man kann den Thriller nicht mehr aus der Hand legen. Ursula Poznanski schafft es, die im Buch beschriebene Sucht auch auf den Leser zu projizieren, der unbedingt wissen will, wie alles ausgeht, und damit selbst süchtig nach dem Weiterlesen wird. Außerdem kann man hier gut sehen, wie weit manche Menschen für Erfolg in einem bestimmten Bereich gehen würden, und man erschrickt fast über den Egoismus der Leute. Die Geschichte dient also in gewisser Weise auch als Vorbild und zur Abschreckung. Man kann schnell erkennen, welche Charaktere auf welcher Seite stehen, aber man kann nicht genau die Absicht oder den Sinn hinter dem Spiel sehen, doch Erebos hat nur ein Ziel: Es will töten.

Ursula Poznanski: Erebos, Loewe-Verlag, 2015, 485 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 14 Jahren




Rebecca Stüber (Q 11)




„Tausendundeine Sommernacht“

Die 15-jährige Tuana lebt mit ihren Eltern in Deutschland. Sie reisen fast jedes Jahr in den Sommerferien nach Istanbul zu ihrer Oma und verbringen ihre Zeit dort. Doch einer dieser Aufenthalte verändert ihr Leben. Sie lernt Noyan, den 17-jährigen und sehr attraktiven Schulfreund ihrer Cousine Yaren, kennen und verliebt sich sofort in ihn, obwohl sie ihn nur ein paar Mal gesehen hat.
Als sie wieder zurück in Deutschland sind, bekommt Tuana eine Whatsapp-Nachricht von Noyan, was ihre Gefühle weiter wachsen lässt, und sie fangen an, hin und wieder zu chatten. Tuana verliebt sich mit der Zeit immer stärker in Noyan und möchte ihn wiedersehen. Deshalb macht sie Pläne, mit ihrer besten Freundin ohne ihre Eltern nach Istanbul zu reisen, was ziemlich gut klappt. Doch als Tuana in Istanbul von Yaren erfährt, dass Noyan eine Freundin hat, bricht ihre ganze Traumwelt zusammen.
Hat NoyanTuana wirklich vergessen und eine neue Freundin oder hat Yaren Tuana aus Eifersucht angelogen?
Der Schreibstil dieses Romans ist einzigartig und modern: Erzählbericht, Tagebucheinträge und Chats werden im Wechsel angeboten. Auch tauchen türkische Sätze auf, die den Roman zu etwas Besonderem, aber teilweise auch unverständlich machen. Fans von Liebesgeschichten werden diesen märchenhaften Liebesroman mit Genuss lesen, vor allem Teenager ab ca. 13 Jahren.


Aygen-Sibel Celik: Yakamoz – Eine Liebe in Istanbul, Oetinger Verlag, Taschenbuch 2014, 231Seiten, 8,99 €; empfohlen ab 13 Jahren






Emine Akbaba (Q 11)





Rettung durch ein altes Geheimnis?

Nach dem Tod ihres Schwiegersohnes kümmert sich die 60-jährige, geschiedene Adrienne Willis um den Haushalt ihrer Tochter Amanda und sorgt für ihre Enkelkinder, da ihre Tochter den Tod ihres Mannes nicht verkraftet und alles um sich herum vernachlässigt. Amandas Depressionen und Kummer bereiten Adrienne große Sorgen, sodass sie beschließt, ihrer Tochter ein Geheimnis anzuvertrauen, in der Hoffnung, dass es ihr dann besser geht.
Vor 15 Jahren, als Adrienne von ihrem Mann Jack wegen einer jüngeren Frau verlassen wurde, fiel auch sie tief in Kummer wie Amanda und kam nicht mehr mit ihrem Leben klar. Deshalb beschloss sie damals zu verreisen, um eine Pause zu machen und sich zu erholen. Dort passierten jedoch unerwartete Dinge, die Adrienne wieder glücklich machten.
Sie lernte den frisch geschiedenen Arzt Paul Flanner kennen, dem es aufgrund des Todes eines Patienten nicht gut ging. Adrienne und Paul munterten sich gegenseitig auf, sodass beide wieder etwas Mut fassten und sich ineinander verliebten. Doch da Adrienne gerade frisch verlassen wurde, fühlte sie sich noch nicht bereit für eine neue Beziehung. Paul reist daraufhin zu seinem Sohn nach Südamerika und bleibt bei ihm. Trotzdem fühlen sich Adrienne und er einander lebenslang verbunden.
Beim Lesen dieses Romans wird der Leser mit den folgenden Fragen konfrontiert: Wird Amanda sich durch ihre Mutter trösten lassen und wieder neuen Lebensmut schöpfen oder wird sie durch diese geheime Affäre ihrer Mutter enttäuscht und versinkt noch tiefer in Depressionen? Dieses Buch folgt dem gleichen Muster wie die anderen Romane von Sparks: Anfangs empfinden die Protagonisten Trauer, Zwiespalt oder Zweifel, die sich dann in einer großartigen Liebesgeschichte auflösen. Auch der Schreibstil ist bekannt: Durch die Erzählung der Mutter baut Sparks Spannung auf und das Buch fesselt den Leser.
Fans von Liebesromanen werden auch diese Geschichte mit Genuss lesen; vor allem eignet sich das Buch für Leserinnen ab Klasse 7.

Nicholas Sparks: Das Lächeln der Sterne, Heyne-Verlag, 2008, 256 Seiten, 7,95 €; empfohlen ab 12 Jahren




Emine Akbaba (Q11)





Nur Schicksal oder die Kraft der wahren Liebe?

Aufgrund der Arbeitslosigkeit in Konya zieht Mustafa Karatas alleine nach Istanbul, um seine Familie zu versorgen, und holt einige Jahre später seinen Sohn Mevlüd zu sich, damit er ihm beim Joghurtverkauf hilft und außerdem noch die Schule besucht. Da Mevlüd jedoch mit dem Arbeiten und der Schule gleichzeitig nicht klarkommt, bricht er die Schule in der 10. Klasse ab.
Die Geschichte spielt in den 60er Jahren, einer Zeit, in der es politische Konflikte in Istanbul zwischen Linken und Aleviten gibt. Diese Auseinandersetzungen zwischen den zwei unterschiedlichen politischen Gruppen werden ausführlich und informativ dargestellt. Mevlüd erlebt alles mit und gerät in einen Zwiespalt, denn sein Cousin Korkut ist ein Anhänger der Linken und sein bester Freund Ferhat ein Alevit.
Als sein Cousin ein Mädchen aus Konya heiratet, verliebt sich Mevlüd dort in die Schwester mit den schönen Augen. Ein Freund sagt, dass sie Vediha heiße, und Mevlüd fängt an, ihr Liebesbriefe zu schreiben. Doch sein Freund Süleyman hat ihm absichtlich den Namen der zweiten Schwester gesagt, da er selbst Semiha mit den schönen Augen haben will.
Nachdem Mevlüd seinen Wehrdienst beendet hat, brennt er mit Hilfe von Süleyman mit Vediha durch und sieht dann erst, dass es die Falsche ist. Trotzdem lässt er sie nicht im Stich, sondern empfindet Wärme und Liebe für sie, und sie heiraten. Sie führen eine glückliche Ehe und bekommen auch Kinder. Dabei verblasst Mevlüds Liebe zu Semiha, die etwas später seinen besten Freund Ferhat heiratet.
Nach vielen Jahren, nachdem Vediha und Ferhat bereits gestorben sind, begegnen sich Semiha und Mevlüd erneut und alte Gefühle werden wieder wach, ebenso wie die Erinnerung an die erste Begegnung auf der Hochzeit. Folgende Frage stellt man sich beim Lesen: Werden die beiden zusammenkommen und eine gemeinsame Zukunft haben? Ist alles nur Schicksal oder zeigt sich hier die Kraft der wahren Liebe?
Die Vielfältigkeit des Romans macht das Buch sehr interessant und baut Spannung auf. Es bietet zahlreiche Aspekte, die Leser interessieren könnten: Armut, das Leben in den 60er Jahren in Istanbul, politische Konflikte, türkische Traditionen und Kultur und noch vieles mehr. Der Autor Orhan Pamuk fesselt den Leser, indem er einen „normalen“ Menschen in dieser Zeit als Hauptfigur wählt, anstatt wie gewöhnlich über berühmte und reiche Menschen zu schreiben. Dieser Roman wurde auch in Deutschland 2016 zum Bestseller.
Leser, die sich in andere Kulturen und Lebensstile hineinversetzen wollen, werden dieses Buch mit Freude lesen.

Orhan Pamuk: Diese Fremdheit in mir, Hanser-Verlag, 2016, 592 Seiten, 26 €; empfohlen ab 15 Jahren



Emine Akbaba (Q 11)



„Sag mir, was hast du vor mit deinem einen, wilden, kostbaren Leben?“

Diese Frage ihres Englischlehrers stellt Parker vor ein ernsthaftes Problem. Bisher war klar, was sie wollte: ein Stipendium für die Stanford University und dann Medizin studieren. Das war schon immer ihre Bestimmung, zumindest ist Parkers Mutter dieser Meinung. Und der Plan scheint auch nach und nach aufzugehen. Parker wird ausgewählt als Stipendiatin für Stanford bei der Cruz-Farnetti-Stiftung, die zu Ehren von Julianna und Shane ins Leben gerufen wurde, dem ehemaligen Traumpaar der High-School, das vor zehn Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Aber Parker überkommen immer größere Zweifel, ob „ihr“ Plan wirklich der Weg ist, den sie gehen möchte. Als sie dann durch einen Zufall Julianna Farnettis Tagebuch findet, muss sie erkennen, dass Juliannas scheinbar perfektes Leben nicht so perfekt war, wie viele – auch Parker – anfangs meinten. Plötzlich erscheint alles in einem ganz anderen Licht und Parker macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Dabei wird die Reise durch Juliannas Vergangenheit und die Suche nach der Wahrheit eine Reise zu sich selbst. Nach und nach erkennt Parker, was sie wirklich vorhat mit ihrem einen, wilden, kostbaren Leben. Doch den Traum zu leben, ist manchmal schwerer als anfangs gedacht.
Jessi Kirby hat eine ganz klare Botschaft an ihre Leser: „Folge deinem Traum, denn du hast nur ein Leben.“ Dabei geht die Autorin nicht naiv und blauäugig an das Thema heran, sondern beschreibt die Probleme, die dabei auftauchen können, durchaus realistisch. Aber auch, dass die Entscheidung, seinen eigenen Weg zu gehen, ein Prozess ist und nicht von jetzt auf nachher gefällt wird und einiges kosten kann, wird deutlich. Trotz aller Probleme ermutigt die Autorin ihre Leser, ihren Weg zu finden und zu gehen, denn jeder hat nur ein einziges, kostbares Leben.
„Dein eines, wildes, kostbares Leben“ ist der dritte und erfolgreichste Jugendroman der amerikanischen Autorin Jessi Kirby.

Jessi Kirby: Dein eines, wildes, kostbares Leben, Kosmos-Verlag, 2014, 304 Seiten, 14.99 €; empfohlen ab 14 Jahren







Anica Specht (Q 11)




Zwei Welten prallen aufeinander

Arnold Spirit Junior, der von seinem Stamm immer nur Junior genannt wird, hatte es noch nie leicht. Er wurde mit „zu viel Wasser im Kopf“ geboren und das hatte natürlich einige Auswirkungen auf sein Äußeres: überdimensionale Hände und Füße, einen riesigen Schädel, so viele Zähne, dass er seinen Mund nicht mehr schließen kann, und noch eine Menge weiterer Auffälligkeiten, die aus ihm das perfekte Opfer machen. Doch obwohl er von allen nur herumgeschubst wird, gibt er niemals auf und wagt es schließlich, das Indianerreservat zu verlassen, um auf eine Schule für Weiße zu gehen. Im „Res“ haben alle die Hoffnung auf ein besseres Leben aufgegeben und ertränken ihren Frust in billigem Alkohol, den sie sich von ihrem letzten Geld kaufen. Arnold möchte so ein Dasein nicht. Etwas zu erreichen, wenigstens eine kleine Chance auf ein besseres Leben zu haben, das ist sein größter Wunsch. Und er bekommt diese Chance, denn an seiner neuen Schule wird er mit der Zeit respektiert und sogar ein bisschen beliebt, schafft es in die Basketballmannschaft und hat so etwas wie eine Freundin. Alles scheint besser zu sein, doch irgendwann holt auch Arnold die Vergangenheit ein. Er muss seinem früher besten Freund und heute größten Feind gegenübertreten.
„Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers“ beschreibt eine wunderbare Geschichte, die uns lehrt, dass man hin und wieder etwas wagen muss, um seine Träume zu verwirklichen. Dieses Buch ist unglaublich witzig geschrieben, und die Comic-Zeichnungen, die hin und wieder auftauchen, machen es perfekt. Dem Leser geht das tragische Schicksal der Spokane-Indianer, insbesondere das von Arnold, sehr nahe, da man wirklich einzigartige Einblicke erhascht.


Sherman, Alexie: Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers, dtv pocket, 8. Auflage 2016, 272 Seiten, 8,95 €; empfohlen ab 14 Jahren







Theresa Bolkart (Q11)





Der Tod als bester Freund

Martin wollte lieber mit seinen Star Wars-Figuren spielen. Stattdessen begegnet er dem Tod am Sterbebett seiner Großmutter. Dieser ist total begeistert, dass ihn endlich einmal jemand sehen kann, sodass er Martin nun öfters besucht, aber das natürlich immer ungebeten. Da der kleine Junge noch nicht so ganz versteht, welche Folgen das für sein Leben haben könnte, spricht er mit dem Tod, als wäre er eine ganz normale Person, und spielt sogar Schach mit ihm. So wird Martin für sein Umfeld mehr und mehr zu einem Sonderling. Kaum hat er endlich einen „normalen“ Freund gefunden, muss natürlich der Tod wieder vorbeischauen und alles vermasseln. Martin wird älter und mit der Zeit zweifelt er an der Unausweichlichkeit des Todes und möchte aktiv gegen ihn vorgehen: Er tritt den Rettungsschwimmern bei und wird später sogar Arzt, um möglichst viele Menschen vor seinem besten Freund zu bewahren. Aber kann man wirklich das aufhalten, was früher oder später sowieso passieren wird? Und was ist mit dem eigenen Schicksal? Was geschieht, wenn der Tod Martin selbst holen muss? „Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens“ schafft es wirklich, den Lesern ein ernstes Thema wie das Sterben auf lustige Weise näherzubringen. Das Buch ist aber nicht nur eine Belustigung für zwischendurch, man wird auch zum Nachdenken über sein eigenes Leben angeregt. Manchmal sehen wir das Leben als eine Selbstverständlichkeit an und nicht als ein Geschenk…


Sebastian Niedlich: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens, Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2015, 328 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 13 Jahren







Theresa Bolkart (Q11)






Eine kluge Liebesgeschichte

Die Liebe versetzt Berge, gibt uns Flügel und hält uns am Leben. Doch manchmal ist es das Schicksal, das uns aus dem Leben reißt und gegen das nicht einmal die Liebe ankommt.
Will Traynor hatte einen Unfall. Seit diesem Tag sitzt er im Rollstuhl und kann – außer seinem Kopf – keines seiner Körperteile mehr bewegen. Als Louisa Clark ihren Job in einem kleinen Café verliert, fängt sie an, bei den Traynors zu arbeiten und sich um Will zu kümmern. Anfangs kann sie den verbitterten, depressiven jungen Mann nicht leiden. Doch als er sich ihr immer weiter öffnet und je mehr Zeit sie mit ihm verbringt, desto enger wird ihre Verbindung und es entsteht eine ganz besondere Freundschaft. Ein Gespräch, das Louisa zufällig mithört, trifft sie wie ein Schlag ins Gesicht.
Sie erfährt, dass Will sterben will. Sterbehilfe. In nur 6 Monaten. Es bleibt Lou also nur noch ein ganzes halbes Jahr, um ihn umzustimmen, ihm zu zeigen, wie schön die Welt doch sein kann. Kurz vor Ablauf der Zeit erfahren beide die größte Wertschätzung, die ein Mensch einem anderen entgegenbringen kann: die Liebe. Jojo Moyes gewährt uns Lesern mit ihrem Roman „Ein ganzes halbes Jahr“ den Blick ins Innere eines Menschen, der den Sinn des Lebens bereits verloren hat, und behandelt einfühlsam und herzerwärmend die Themen Sterbehilfe und Hoffnungslosigkeit.
Die Aussage dieses unbeschreiblich bewegenden Buches ist nicht nur klug, sondern regt auch zum Nachdenken über das eigene kostbare Leben an.

Jojo Moyes: Ein ganzes halbes Jahr, Rowohlt Verlag, 2013, 527 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 14 Jahren






Elisa Sepp (Q11)






Louisas Neustart

Eine Frau, die betrunken von ihrem Balkon stürzt. Vom fünften Stock. Mitten in der Nacht. Sie hat (zumindest in dieser Hinsicht) Glück und überlebt mit fünf Knochenbrüchen und einer zertrümmerten Hüfte. Diese Frau ist die 26-jährige Louisa Clark, die vor kurzem ihre große Liebe, den Tetraplegiker Will, verloren hat.
„Ein ganz neues Leben“ ist die Fortsetzung des Romans „Ein ganzes halbes Jahr“, die genau dort an Lous Geschichte anknüpft, wo der Vorgängerband aufhört. Die Geschichte hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Man ist gleich wieder mitten im Geschehen. Nach Wills Tod weiß Lou nicht mehr, wo ihr Platz in der Welt ist. Sie hat einen miesen Job, wohnt in einer kahlen Wohnung in einem unübersichtlichen Viertel Londons, trägt nur noch langweilige Klamotten und besucht eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die eine wichtige Person verloren haben. Doch sie kommt sich heuchlerisch vor: Schließlich hat sie Will nur ein halbes Jahr gekannt.
In diesem Buch geht es jedoch nicht nur um Trauer. Lou staunt nicht schlecht, als die 15-jährige Lily vor ihrer Wohnung in London steht. Diese behauptet, Wills Tochter zu sein, und quartiert sich kurzerhand bei Louisa ein. Lily stellt Lous Leben komplett auf den Kopf und gibt ihm wieder einen neuen Inhalt. Außerdem entwickelt Louisa Gefühle für Sam, den Sanitäter, der sie in der Nacht, als sie vom Dach stürzte, gerettet hat und ihr seitdem immer wieder begegnet. Jedoch kommt sie sich dabei vor, als würde sie Will „betrügen“.
Jojo Moyes findet in ihrer Fortsetzung der Liebesgeschichte, die uns alle bewegt hat, wieder perfekt in die Atmosphäre des Buches hinein. Obwohl es „nur“ eine Fortsetzung ist, merkt man, dass die Autorin auch in diesen Band ihr Herzblut gesteckt hat. Wie kaum ein anderer Autor schafft sie den Spagat zwischen Tragik und Komik. Bereits „Ein ganzes halbes Jahr“ war ein Riesenerfolg, und meiner Meinung nach hat sich Moyes wieder einmal selbst übertroffen.
Die Charaktere wie Lou und ihre Familie sind mir bereits in „Ein ganzes halbes Jahr“ ans Herz gewachsen. Erfreulicherweise kommen auch fast alle wieder in „Ein ganz neues Leben“ vor. Außerdem gibt es einige neue Figuren, mit denen man mitfiebert, mitlacht, mitweint und einfach alles mitfühlt, was die Figuren in diesem Buch erleben.
Geht los und holt euch dieses wundervolle Buch – es lohnt sich wirklich!

Jojo Moyes: Ein ganz neues Leben, Rowohlt Verlag, 2015, 528 Seiten, 19,95 €; empfohlen ab 14 Jahren




Cassandra Fichtner (Q11)






Eine Welt aus Tinte

Meggie ist 12 Jahre alt und lebt bei ihrem Vater Mo, der Buchbinder ist. Als dann in einer regnerischen Nacht ein Fremder namens Staubfinger auftaucht, verändert sich alles für Meggie. Sie reist zusammen mit ihrem Vater und Staubfinger zu ihrer Großtante Elinor, die sie anfangs nicht ausstehen kann. Das Mädchen merkt, dass etwas nicht stimmt, was mit einem Buch zu tun hat, das Mo bei Elinor verstecken will. Dann wird ihr Vater entführt. Für Meggie ist klar, dass sie ihn retten muss, und zwar mit Hilfe des Buches, hinter dem die Entführer eigentlich her sind. Gemeinsam mit Elinor führt Staubfinger Meggie in ein Bergdorf in Ligurien, das Hauptquartier von Capricorn. Doch dann stellt sich heraus, dass Staubfinger Meggie gar nicht helfen will, sondern im Auftrag von Capricorn gehandelt hat. Endlich erfährt sie, was es mit dem Buch Tintenherz auf sich hat und warum Mo entführt wurde. Ihr Vater hat die Gabe, Figuren aus Büchern „herauszulesen“. So kamen auch Staubfinger, Capricorn und seine Gefolgsleute in diese Welt, denn ursprünglich stammten sie aus dem Roman Tintenherz. Das einzige Ziel, dass Meggie, Mo und Elinor haben, ist aus dem Dorf zu verschwinden. Das ist allerdings nicht leicht, und als Meggie eine Spur ihrer Mutter findet, die seit Jahren verschwunden ist, wird alles noch komplizierter.
Das erste Buch der Trilogie ist eine unglaublich fesselnde Geschichte über die Macht der Worte und so spannend erzählt, dass man es einfach nicht aus der Hand legen kann. Cornelia Funke ist eine deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin. Ihre Bücher erhielten zahlreiche Preise und wurden in 37 Sprachen übersetzt.



Cornelia Funke: Tintenherz, Oetinger Taschenbuch, 2010, 567 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 11 Jahren






Maria Baumer (Q11)






Die kindliche Kaiserin siecht dahin und mit ihr das phantasische Reich!

Der schüchterne und unbeliebte Bastian findet auf der Flucht vor hänselnden Mitschülern in einem Antiquariat ein Buch. Kurzerhand beschließt er, es mitzunehmen, und beginnt auf dem Dachboden der Schule darin zu lesen. Der Roman, der den Titel „Die unendliche Geschichte“ trägt, fesselt ihn immer mehr und er kann das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Darin geht es um Phantasien, eine erfundene Welt, die sich in Gefahr befindet, denn immer mehr Teile des Landes scheinen sich aufzulösen. Ein junger Held wird ausgesucht, um die Welt zu retten. Der Junge macht sich auf den Weg und sammelt Informationen an den unterschiedlichsten Orten. Als er schließlich die Ursache für die drohende Zerstörung des Traumlandes herausfindet, scheint es schon fast zu spät zu sein. Doch dann spielt Bastian in der „realen Welt“ eine wichtige Rolle für die Erhaltung von Phantasien, denn sein Wunsch, die Kreaturen und vor allem die kindliche Kaiserin, Phantasiens Oberhaupt, zu retten, wird immer größer.
Michael Endes 1979 erstmals erschienener und wunderbar geschriebener Fantasie-Roman ist für jedes Alter ein absoluter Lesespaß, denn die Landschaften und Personen sind sehr lebensecht und detailliert beschrieben. Man kann sich jeden Ort richtig gut vorstellen und entwickelt dabei Sympathien für, aber auch Abneigung gegen die einzelnen Charaktere. Der Name des Landes bezeichnet schon den Hintergrund: Es ist die Fantasie der Menschenkinder, die die Welt aufrechterhält. Nur wenn die Menschen noch träumen, kann Phantasien weiter bestehen. In vielen Szenen bleibt aber auch offen, wie die Geschichte weitergeht, und es bleibt genug Platz für die eigenen Gedanken des Lesers. So schafft es Ende, die Fantasie anzuregen, und Phantasien muss nicht sterben.
Auffällig sind in dem Buch auch noch die Kapitelanfänge, denn jeder Abschnitt beginnt mit einem neuen Buchstaben des Alphabets und pro Kapitel gibt es ein Bild, auf dem die Personen zu sehen sind. Alles in allem ist „Die unendliche Geschichte“ ein vielfältiger und sehr spannender Jugendroman, der Leser jeden Alters in seinen Bann zieht.



Michael Ende: Die unendliche Geschichte, Thienemann Verlag, 9. Auflage 2004, 480 Seiten, 19,99 €; empfohlen ab 10 Jahren






Rebecca Stüber (Q11)






„Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern zu wenig Zeit, die wir nutzen.“

Anna, die 17-jährige Protagonistin des Buches, befindet sich zusammen mit ihren Eltern im Italienurlaub, genauer gesagt in Venedig, der Stadt im Wasser. Natürlich entpuppt sich dort die Gondel als das gängige Verkehrsmittel, aber genau diese Begebenheit soll dem jungen Mädchen zum Verhängnis werden. Eines Nachmittags spaziert sie nämlich am Kai entlang und traut ihren Augen kaum. Normalerweise müssten alle Gondeln laut Verordnung schwarz sein, aber diese hier ist rot. Knallrot. Und ein alter, einäugiger Mann steht am Steuer und scheint ihr einen bedeutungs¬vollen Blick zuzuwerfen. Komisch das alles, doch am Abend denkt sie schon nicht mehr an den Alten mit seiner bizarren, roten Gondel. Als die Familie jedoch bald darauf die „Regata Storica“, das berühmte alljährliche Bootsrennen, an dem viele herausgeputzte und geschmückte Gondeln teilnehmen, begutachten wollen, läuft alles im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Ruder. Denn durch das Gedränge der Menschenmassen fällt Anna ins Wasser. Doch sie wird gerettet – von einem jungen Mann, der neben dem seltsamen Einäugigen steht und sie in seine rote Gondel zieht. Kaum hat sie sich für seinen Einsatz bedankt, wird alles schwarz vor ihren Augen. Und schon ist das Jahr 1499 um einen Einwohner reicher.
Schon bald wird klar, dass Anna in der frühen Neuzeit eine Aufgabe zu haben scheint, denn in der Vergangenheit treiben die Brüder, die Anna aus ihrer Zeit kennt, ihr Unwesen. Sie haben den Plan, die Vergangenheit so zu beeinflussen, dass sie ein erfülltes, reiches Leben haben, dabei jedoch die zukünftige Entwicklung der Stadt ins Verderben ziehen. Mit dem jungen Mann, der sie aus dem Wasser gerettet hat, kämpft sie für die Gerechtigkeit und die Zukunft von Venedig – und findet sogar ihre erste große Liebe.
Durch die Zeit reisen – das ist ein eher gängiges Faszinosum in der heutigen Jugendliteratur. Doch in Eva Völlers Roman „Zeitenzauber – Die magische Gondel“ bekommt die Idee neue, interessante und fesselnde Facetten. Zum Beispiel können Menschen aus der Zukunft nie etwas über ihre Herkunft oder den Fortschritt in ihrer eigentlichen Lebenszeit berichten, damit nichts aus dem Gleichgewicht gerät. Der eingebaute Sprachsensor verhindert das, indem er zum Beispiel das Wort „ I-Pod“ in „Spiegel“ umwandelt.

Eva Völler: Zeitenzauber - Die magische Gondel, Baumhaus Verlag, 2014, 333 Seiten, 7,99 €;empfohlen ab 13 Jahren







Franziska Kölbl (Q 11)





Ein ganz normales Teenager-Leben, doch plötzlich...

Bum, bum! - Das sind die Geräusche, die Miriams Leben für immer verändern werden. Niemand hätte Matias Staudt diesen Amoklauf zugetraut. Er war immer nur der Junge, der von allen gemobbt wurde und das einfach so hinnahm. Als die ersten Schüsse zu hören sind, bricht natürlich Panik aus. Überall flüchten die Leute in Sicherheit, auch Miriam und ihre beste Freundin Joanne schaffen es noch ins Jungsklo, um sich dort zu verstecken. Als nichts mehr zu hören ist, checkt sie kurz die Lage, aber das hätte sie nicht tun sollen. Sie sieht etwas, das sie niemals vergessen wird, und wird beinahe erschossen, weil sie unfähig ist, sich zu bewegen...
Miriam überlebt. Aber wäre es nicht besser gewesen, wenn sie gestorben wäre? Nun gilt es nämlich, im Alltag klarzukommen, doch das scheint fast unmöglich. Ihre Eltern zwingen sie zu Dingen, die sie eigentlich nicht machen möchte. Sie träumt oft von diesem schrecklichen Ereignis, aber natürlich muss sie in die Schule gehen und so tun, als wäre alles wie immer. Miriam möchte doch nur Ruhe und alles vergessen! Aber vielleicht passiert bei so viel Schlechtem auch etwas Gutes?
Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an das Leben. Auch wenn nicht immer alles so läuft, wie wir es gerne hätten, gibt es doch noch Momente, in denen alles einfach perfekt ist.

Anna Seidl: Es wird keine Helden geben, Oetinger-Verlag, 2014, 252 Seiten, 14,95 €; empfohlen ab 14 Jahren



Theresa Bolkart (Q11)








Auf der "richtigen" Seite?

Laut den Erwachsenen lebt Joshua, ein 13-jähriger Israeli, zusammen mit seinem Stiefvater und seiner Mutter auf der richtigen Seite der Mauer. Die Mauer ist nämlich der Schutz vor den rachsüchtigen und feindlichen Palästinensern, die auf der anderen Seite nur darauf lauern, alle jüdischen Siedler umzubringen. Das behaupten zumindest die meisten in der ummauerten Stadt Amarias. Doch Joshua ist davon nicht ganz so überzeugt, denn er kann sich noch dunkel an eine Zeit ohne Mauer erinnern. Als er eines Tages durch einen Zufall einen geheimen Tunnel zu der anderen Seite entdeckt, siegt seine Neugier. Doch als er auf der anderen Seite ankommt, erwartet ihn ein ganz anders Bild, als er gedacht hätte. Zwar wird er erst aus lauter Hass verfolgt, aber dann schließlich von einem palästinensischen Mädchen gerettet. Joshua erkennt die große Not, in der die Palästinenser leben, und versucht zu helfen, wo er kann. Nach und nach löst sich sein „Schwarz-Weiß-Denken“ auf und er fängt an, die brutale Vorgehensweise seines Volkes zu hassen und nur auf seine Gefühle und sein Denken zu vertrauen, bis er schließlich erkennt, dass seine richtige, menschliche Seite nicht auf der Seite der Israelis ist und sein Weg von Amarias und seinem verhassten Stiefvater, aber auch seiner Mutter wegführt.
Der Konflikt Palästina-Israel ist präsenter denn je. Immer wieder hört man davon in den Nachrichten. Sutcliffe versucht in diesem Buch, die „Schwarz-Weiß-Malerei“ aufzulösen und Verständnis für das Verhalten beider Seiten zu wecken. Dabei bezieht er auch ganz klar Stellung, fordert aber trotzdem seine Leser auf, keine Vorurteile zu haben, sondern skeptisch zu sein. Das Buch ist auf jeden Fall gelungen und wegen seiner kurzen Kapitel angenehm zu lesen, auch der Schreibstil ist einfach und gut verständlich. Und obwohl das Buch eine sehr komplexe Thematik aufgreift, bleibt der Autor realistisch und beschönigt nichts. Daher würde ich das Buch jedem empfehlen, der gerne einmal etwas zu diesem Thema lesen möchte. Aber jeder sei vorgewarnt: manche Konflikte kann man nicht mit einem „Happy End“ lösen.
„Auf der richtigen Seite“ ist das erste Jugendbuch des englischen Autors William Sutcliffe und wurde unter anderem für den Jugendliteraturpreis 2015 nominiert. Bekannt wurde der Autor durch seinen Bestsellerroman „Meine Freundin, der Guru und ich“.

William Sutcliffe: Auf der richtigen Seite, Rowohlt Rotfuchs Verlag, 2014, 346 Seiten, 16,99 €; empfohlen ab 13 Jahren



Anica Specht (Q 11)








Wer lügt, den holen die Wölfe

Die beiden Jungen Achim und Karl stehen vor einem Rätsel, denn Maria, die in deren altem Kinderheim arbeitet, liegt nur noch im Bett und es scheint, als würde sie durch alle hindurchsehen. Natürlich wollen Achim und Karl ihrer Freundin helfen und so begeben sie sich in den wilden Garten und schlüpfen durch ein Tor in die Vergangenheit. Aber dort warten nur noch mehr seltsame Dinge auf sie...
Die Jungs entdecken, dass es auch hier das Kinderheim gibt, doch es ist dort irgendwie anders, denn alle müssen für die „hohen Herren" trainieren. Und nicht nur das: In der Nacht lauern die Wölfe, um diejenigen zu holen, die nicht gehorchen. Doch was hat das alles mit Maria zu tun? Und wie kommen sie wieder in ihre Zeit zurück? Alles scheint wie ein Traum ...
Antonia Michaelis hat ja schon viele Bücher geschrieben, aber dieses ist meiner Meinung nach eines der besten. Es hat wirklich alles, was ein gutes Buch braucht: eine packende Story, tolle Charaktere und natürlich das gewisse Etwas, das uns davon abhält, das Buch auch nur eine Minute aus der Hand zu legen. „Wolfsgarten" ist sehr zu empfehlen für alle, die auf spannende Geschichten mit Wundern und Geheimnissen stehen (natürlich auch für Jungs) und bei diesem Preis kann man sich das auch locker von seinem Taschengeld kaufen.

Antonia Michaelis: Wolfsgarten, Fischer-Verlag, 2013 , 319 Seiten, 7,99 €; empfohlen ab 11 Jahren



Theresa Bolkart (Q 11)








Ein Leben in Schachteln

Von einem Leben „in einer Schachtel“ kann Joseph, ein 14-jähriger, eher schüchterner, aber zeichnerisch sehr begabter Junge ein Lied singen. Weil er sich in der Nähe von Erwachsenen immer unwohl fühlt und auch sonst zurückhaltend ist, wird er oft von anderen, selbst von Erwachsenen, als Hasenfuß abgestempelt. Als Caroline Leyton, Josephs Nachbarin, ihm anbietet, er solle ihren Bruder für ein Kunstprojekt porträtieren, ist sich Joseph anfangs sehr unsicher. Um den Bruder Tom kursieren die wildesten und schrecklichsten Gerüchte, da er seit 30 Jahren völlig zurückgezogen lebt. Doch Joseph entscheidet sich dafür, allein schon um zu beweisen, dass er kein Hasenfuß ist. Mit einem mulmigen Gefühl geht er zum ersten Treffen. Aber nachdem er die ersten Skizzen von seinem Nachbarn angefertigt hat, muss Joseph feststellen, dass seine Zeichnungen leblos wirken. Und er merkt, dass er Tom Leyton besser kennenlernen muss, um ihn treffender zeichnen zu können. Nach und nach entsteht eine Freundschaft zwischen den beiden und Joseph kommt Stück für Stück dahinter, warum Tom Leyton so zurückgezogen lebt. Erst durch diese besondere Freundschaft lernt Joseph genau hinzusehen, geduldig zu sein, zuzuhören und nicht auf den ersten Blick, aufgrund erster Eindrücke, Gerüchte oder Vorurteile zu werten, ja das eigene „Schachteldenken“ abzulegen.
Schnell werden Floskeln wie „absolut lesenswert“ in Kritiken benutzt, doch bei diesem Buch kann man diese Auszeichnung guten Gewissens verwenden. Bauer schafft es durch seinen mitreißenden und gefühlvollen Schreibstil, die Spannung bis zum Schluss aufrechtzuerhalten. Er fordert jeden seiner Leser auf, persönliche Maßstäbe und Vorurteile zu hinterfragen und „Schachteldenken“ abzulegen. Trotz des ernsthaften und schwierigen Themas schafft es der Autor, die Geschichte mit einer gewissen Leichtigkeit zu erzählen. Ein rundum spannendes und berührendes Buch!
„Running Man“ ist der Debütroman des australischen Autors Michael Gerard Bauer, der vor allem durch seine „Ismael“-Reihe bekannt wurde. Das Buch wurde unter anderem auch 2008 für den deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.

Michael Gerard Bauer: Running Man, dtv Reihe Hanser, 7. Auflage 2015, 304 Seiten, 8,95 €; ; empfohlen ab 12 Jahren


Anica Specht (Q11)






"Ohne Leid würden wir nicht wissen, was Freude ist."

Die 17-jährigen Krebspatienten Hazel und Gus machen sich nichts vor: Sie wissen, dass es für sie wegen ihrer Krankheit kein Happy End gibt, dass sie wie tickende Zeitbomben sind. Und eines Tages werden sie hochgehen und alles und jeden in ihrem Umfeld mit sich reißen. Die beiden desillusionierten Teenager lernen sich in einer Selbsthilfegruppe für Krebskranke kennen, wo Gus Hazel mit seinem frechen Charme und Hazel Gus umgekehrt mit ihrer ganz eigenen, direkten Art sofort verzaubert. Sehr bald verbringen sie mehr und mehr Zeit miteinander, und aus der engen Freundschaft und starken Anziehungskraft, die zwischen den beiden herrscht, wird schließlich Liebe. Als Gus Hazels größten Wunsch erfüllt und mit ihr eine romantische Reise nach Amsterdam antritt, um den zurückgezogen lebenden Autor ihres Lieblingsbuchs zu treffen und Antworten auf einige ihrer brennendsten Fragen zu seinem Buch und auch zum Leben zu bekommen, scheint das Glück perfekt. Doch dann schlägt überraschend und vollkommen unerwartet das Schicksal zu.
Wortgewandt und unglaublich humorvoll wie immer erzählt John Green von Liebe, Schicksal, Trauer und Verlust. So liest sich dieses wundervolle, herzerwärmende, zutiefst bewegende Buch mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Macht euch bereit, in euren Tränen zu ertrinken, jedoch nicht nur Tränen der Trauer, sondern auch der Freude!
John Green, geboren 1977, studierte Englische Literatur und Vergleichende Religionswissenschaft. Für seine Jugendromane wurde er vielfach ausgezeichnet. Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt er in Indianapolis, Indiana.

John Green: Das Schicksal ist ein mieser Verräter, Deutscher Taschenbuchverlag, 2012, 335 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 14 Jahren


Und das Beste ist: Wer mag, kann das Buch auch gleich im Original lesen und auf diese Weise ganz nebenher sein Englisch verbessern, denn Ihr findet auch „The fault in our stars“ zum Ausleihen in unserer Bibliothek.

Christina Weiß (Q11)






"Sollten Minus mal Minus nicht eigentlich Plus ergeben? "

„Mittlerweile hatte er es verstanden: Entscheidungen wurden innerhalb weniger Sekunden getroffen, und in der übrigen Zeit schlug man sich mit den Folgen herum.“ („Die Einsamkeit der Primzahlen“ von Paolo Giordano, 45. Kapitel)
Es war eine einzige Entscheidung, die Mattia in seiner Kindheit gefällt, die dann aber sein ganzes Leben geprägt hatte. Als der damals 8-Jährige und seine autistische Schwester Michaela endlich zu der Geburtstagsfeier eines Klassenkameraden eingeladen werden, überkommt Mattia die Angst, sich wieder einmal für Michaela schämen zu müssen und dem Spott der anderen ausgesetzt zu sein.
Er fasst den Entschluss, sie einfach für ein paar Stunden auf einer Bank im Park zurückzulassen und sie danach wieder abzuholen. Doch als er zurückkommt, ist sie nicht mehr da. Verzweifelt ruft und sucht Mattia nach seiner Schwester, doch sie ist und bleibt verschwunden. Um seinen Schmerz und die unerträglichen Schuldgefühle zu lindern, hebt er eine Glasscherbe auf und sticht sich damit in die Hand. Das Blut, das herausfließt, tröstet ihn für eine kurze Zeit und es ist seine Art, mit dem Verlust des kleinen Mädchens umzugehen.
Auch Alice ist von einem traumatischen Erlebnis gezeichnet. Sie verliert an nur einem Tag ihre Unbeschwertheit und ihr ganzes Vertrauen in ihren Vater. Denn dieser drängt sie zu einem Skikurs, zu dem sie eigentlich überhaupt keine Lust hat, und als sie ganz alleine den Abhang hinunterfahren muss, da sie die anderen verloren hat, stürzt sie schwer und muss für den Rest ihres Lebens mit einem gelähmten Bein leben. Für Alice ist der einzige Weg, ihre Einsamkeit und Traurigkeit zu bewältigen, nichts mehr zu essen und ihren Körper so „verdorren“ zu lassen.
Auf dem Gymnasium lernen sich die beiden kennen und sind sofort – gerade durch ihre Traumata - voneinander angezogen. Es entwickelt sich eine enge Freundschaft zwischen ihnen, die auch nach dem Abschluss der Schule noch anhält. Erst als Mattia zum Studieren weggeht, lernen sie, ohne den anderen zu leben. Während Alice einen anderen Mann heiratet, wird Mattia ein erfolgreicher Dozent.
Erst nach vielen Jahren voller Leid und immer noch ohne Patentrezepte, mit diesem umzugehen, treffen sich die abgemagerte Alice und Mattia, dessen Hände durchzogen sind von Narben, wieder und es wird deutlich, dass sie vor eine Entscheidung gestellt sind. „Zum Teufel nochmal, was für ein großartiger Schriftsteller!“, steht auf der Rückseite des Romans „Die Einsamkeit der Primzahlen“ geschrieben und trifft zu 100 Prozent zu. Bereits auf den ersten Seiten schafft es Giordano, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Es ist jedoch nicht die Handlung, die einen dazu bringt, das Buch nicht mehr zur Seite zu legen, denn besonders viel passiert in diesem Werk nicht, es ist vielmehr die Art und Weise, wie der Autor die so schmerzvollen Leben der beiden Protagonisten darstellt und ihre Gefühle, Leiden und Gedanken dem Leser vermittelt.
Auch die schwierigen Themen Magersucht und Selbstverletzung behandelt er mitfühlend, ohne zu dick aufzutragen. Meine anfängliche Euphorie nahm jedoch stark ab, da das Ende des Buches zwar absichtlich nicht dem klassischem Happy End entspricht, den Leser aber meiner Meinung nach mit zu vielen Fragen und in einer zu traurigen Verfassung sich selbst überlässt.

Paolo Giordano: Die Einsamkeit der Primzahlen, Heyne Verlag, 2010, 368 Seiten, 9,99 €, empfohlen ab 14 Jahren

Elisa Sepp (Q11)


"Lesen ist sich selbst kennenlernen"

Was für ein Mensch willst du sein? Ein Mensch, der andere ermordet, um selbst zu überleben? Ein Mensch, der um der Gerechtigkeit willen tötet? Ein Mensch, der als Held stirbt? Oder ein Mensch, der sich – aus Angst, getötet zu werden – ungerechten Regeln unterwirft? All diese Fragen stellt sich das fünfzehnjährige jüdische Mädchen Mira, als sie im harten Ghettoalltag um das eigene Überleben und das ihrer Familie und Freunde kämpft. Sie schmuggelt Essen, um ihre kleine Schwester am Leben zu halten. Sie muss mit ansehen, wie sich ihr Vater aus dem Fenster stürzt, Selbstmord begeht, aus tiefer Verzweiflung. Doch Mira sieht Hoffnung, das Elixier des Überlebens.
„28 Tage lang“ von David Safier ist wieder einmal ein Buch über den sehr beliebten Themenkomplex „Angst und Schrecken des Zweiten Weltkriegs/Hitler“. Ein Thema, das geradezu dazu anregt, aus der Sicht der am härtesten Betroffenen zu schreiben: der Juden. Doch trotz dem eher nach "mainstream" klingenden Thema wirft das Buch neue Fragen auf. Was würdest du tun, würde dich ein SS-Soldat dazu auffordern, deine Kameraden zu töten, um selbst am Leben zu bleiben? Ein weites Feld der Dilemmas tut sich plötzlich auf. Und die Frage, was richtig und was falsch ist, kann nicht klar beantwortet werden. Genau deshalb ist das Buch nicht nur für Geschichtsfreaks zu empfehlen, weil jeder sich selbst in diesem Mädchen sehen kann. Weil jeder manchmal nicht weiß, wie er mit einer bestimmten Situation im Leben umgehen soll.

David Safier: 28 Tage lang, ausgezeichnet mit dem Buxtehuder Bullen als bestes Jugendbuch des Jahres, rororo rotfuchs, 2015, 402 Seiten, 9,99 €, empfohlen ab 14 Jahren



Franziska Kölbl (Q 11)







Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

Jean Lousie Finch – genannt Scout –, die Hauptperson des Buches „Wer die Nachtigall stört“ erzählt aus der Ich-Perspektive die Geschichte ihrer Kindheit in den 30er Jahren in Maycomb County. Der erste Teil des Romans handelt von den kindlichen Abenteuern Scouts, ihrem Bruder Jem und deren Freund Dill. Mit der Begeisterung einer Siebenjährigen beschreibt sie, wie die drei Pläne schmieden, um ihren menschenscheuen Nachbarn Boo Radly aus dem Haus zu locken oder selbst¬erfundene Theaterstücke zu spielen. Sie geht wie die meisten Kinder nicht gerne in die Schule und wehrt sich gegen die Versuche ihrer Tante, eine Dame aus ihr zu machen. Doch dann fällt ein dunkler Schatten auf das unbeschwerte Leben der Kinder. Ihr Vater Atticus Finch übernimmt als Rechtsanwalt die Verteidigung eines Schwarzen vor Gericht. Das ist das erste Mal, dass Scout und ihr Bruder mit der unschönen Realität in Kontakt kommen, denn sie müssen den Spott der anderen in der Schule über sich ergehen lassen, da ihr Vater als „Niggerfreund“ beschimpft und von einem Großteil der Stadt verachtet wird. Bald merken die Kinder, wie ungerecht und grausam die Welt sein kann, und besonders Jem ist darüber entsetzt. Der Ankläger Bob Ewell schwört, sich an Atticus zu rächen, weil er seinen Mandanten vor Gericht so beharrlich verteidigt und auf seiner Unschuld bestanden hat. Doch wie sich herausstellt, ist nicht nur ihr Vater in Gefahr. Durch die Augen der jungen Erzählerin bietet sich dem Leser ein besonderer Blick auf die Ereignisse der Kleinstadt im Süden der USA. In ihrer kindlichen Unschuld sieht Scout klarer und versteht nicht, warum viele Leute denken, dass Menschen nur wegen ihrer Hautfarbe weniger Wert seien. Das Thema Rassismus war nicht nur vor 50 Jahren aktuell, als das Buch erschien. Gerade in der heutigen Zeit ist es von Wichtigkeit, da immer wieder afroamerikani-sche US-Bürger erschossen werden. Aber auch in Deutschland wird Rassenhass wieder zum Problem, da viele Flüchtlinge zu uns kommen und Organisationen wie Pegida Fremdenfeindlichkeit verbreiten.

Harper Lee veröffentlichte nach „Wer die Nachtigall stört“ 50 Jahre lang kein Buch, bis 2015 „Gehe hin, stelle einen Wächter“ erschien, sozusagen der Vorgängerband zu ihrem Erfolgsbuch, das sie schon im Jahre 1957 geschrieben, der Verlag aber damals abgelehnt hatte. Nachdem das Manuskript jahrzehntelang als verschollen galt, wurde dieses Werk nun wieder gefunden und veröffentlicht. 1961 erhielt Harper Lee den Pulitzer-Preis für „Wer die Nachtigall stört“.

Harper Lee: Wer die Nachtigall stört, Rowohlt Verlag, 1960 erstmals erschienen, Neuauflage 2015, 464 Seiten, 19,95 €; empfohlen ab 14 Jahren

Maria Baumer (Q 11)







„Wie willst du jemanden retten, der nicht gerettet werden will?“

Jugendliche, die Mutter oder Vater vermissen und suchen ... diese Problematik wird in vielen Büchern thematisiert. Dieses Buch handelt aber von dem verzweifelten Bemühen der 16-jährigen Rachel, ihren 18-jährigen Bruder Micah zu finden. Seit zwei Monaten wird er vermisst und niemand weiß, wo er sich aufhält. Außerdem hat er seit längerer Zeit ein Drogenproblem, doch Rachel hat das nicht ernst genommen und auch die Eltern wissen nichts davon. Als Rachel zwei Monate nach Micahs Verschwinden eine anonyme E-Mail erhält, macht sie sich schließlich mit Tyler, Micahs bestem Freund, auf und es beginnt eine lange und anstrengende Suche, zunächst in Ocean Beach, denn der unbekannte E-Mail-Schreiber hat ihr Micahs Aufenthaltsort mitgeteilt. Rachel und Tyler begegnen unterwegs vielen interessanten, aber auch irgendwie merkwürdigen Personen, die alle verschiedene Probleme haben. Schon nach einem Tag in der Stadt und verschiedenen eigenen Schwierigkeiten, wie zum Beispiel einem Autodiebstahl, merkt Rachel, wie sich ihre Weltanschauung ändert, und ihr wird bewusst, dass nicht immer alles nach Plan laufen kann. Aber bis zum letzten Kapitel bleibt die große Frage offen: Wird der vermisste Bruder gefunden?

Der jungen Autorin Carrie Arcos gelingt es hervorragend, verschiedene Aspekte der Drogenproblematik aus unterschiedlichen Sichtweisen (Sicht eines Drogenabhängigen, eines ehemaligen Drogenabhängigen, eines Drogenverkäufers und einer „Nicht-Betroffenen“) zu beleuchten und in eine spannende und mitreißende Geschichte zu verpacken. Durch die Ich-Perspektive werden die Gefühle, Ängste und Hoffnungen der Protagonistin gut fassbar und man kann dem Verlauf der Handlung leicht folgen. Außerdem kann man sich gut mit Rachel identifizieren, da sie nachvollziehbar handelt und auch oft ihre Gefühle zeigt. Trotz des recht zähen Mittelteils des Buches, in dem Tyler und Rachel verloren durch die Stadt irren, kann man das Buch flüssig in einem Zug durchlesen.
Der Roman ist besonders für Jugendliche geeignet, die Bücher mit Emotionen mögen, denn hier hat man fast alle Gefühle vereint (Wut, Verzweiflung, Liebe, Hoffnung, Enttäuschung, Trauer ...!)

Carrie Arcos lebt mit ihrer Familie in Los Angeles und arbeitet als Dozentin an der Universität. „Letzte Ausfahrt Ocean Beach“ ist ihr erster Roman für Jugendliche.

Carrie Arcos: Letzte Ausfahrt Ocean Beach, Deutscher Taschenbuchverlag Pocket Edition, 2015, 250 Seiten, 8,95 €; empfohlen ab 14 Jahren

Rebecca Stüber (Q11)




Völlig losgelöst

Wenn man neu auf eine Schule oder in eine andere Klasse kommt, hat man meist zwei Möglichkeiten, sich zu verhalten. Man kann sich anpassen und „normal“ oder aber anders als die anderen sein. Barnaby Brocket hat diese Wahl nicht. Seit seiner Geburt kann er schweben, muss schweben! Seine Eltern halten diese Angewohnheit für falsch und unpassend für ihre vollkommen normale Familie. Nach einem „Unfall“ bricht der inzwischen 8-jährige Junge zu einer außergewöhnlichen Reise durch die Welt auf. Er schwebt von Sydney nach Brasilien, über New York nach Toronto, Irland, Afrika und sogar in den Weltraum und wieder zurück nach Sydney. Überall trifft Barnaby neue „unnormale“ Freunde und hilft ihnen zu verstehen, warum es gut ist, nicht immer den Erwartungen der Familie und der Gesellschaft zu entsprechen.

Barnabys zauberhafte Geschichte erzählt von einem Jungen, der eigentlich nur normal sein möchte, aber auf seiner langen Reise merkt, wie schön es ist, nicht in der Menge unterzugehen. Die Geschichte ermöglicht auf wunderbare Weise, die Spannung des Andersseins zu entdecken.

John Boyne: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket, Fischer KJB, 281 Seiten, 7,99 €; empfohlen ab 10 Jahren

Charlotte Polansky(Q11)







Fünf Jugendliche in einem trostlosen Keller

Die fünf Kinder Leon, Maren, Sophia, Eike und Conrad sind gefangen in einem fensterlosen Keller, der sehr spärlich eingerichtet ist. Ein einfacher Tisch, dreckige Matratzen auf dem Boden und ein Fernseher, damit sie beobachten können, wie ihre Eltern verzweifelt nach ihnen suchen. Jeden Tag wird einer von ihnen für einige Stunden nach oben geholt und dann letztendlich innerlich zerbrochen wieder zu den anderen geschickt. Doch das Schlimme ist, dass man über die Erlebnisse dort oben nicht sprechen darf, denn sonst stirbt man. Diesen Satz hat man den Kindern oft genug gesagt, sodass sie ihn verinnerlicht haben. Jeder muss selbst verarbeiten, was passiert, wenn sie zu der Frau und ihren Gehilfen nach oben geholt werden. Der Leser kann sich vorstellen, dass kein Mensch diese sowohl körperlichen als auch seelischen Misshandlungen lange aushält und auch die Kinder fangen irgendwann an, über Selbstmord nachzudenken. Doch es ändert sich etwas, ein Neuer tritt – wenn auch unfreiwillig – der Gruppe bei. Der Neue heißt Noah und es scheint, als hätte er vor nichts und niemandem Angst, auch nicht vor den Entführern, denn er kommt aus einer viel schlimmeren Hölle. Noah wehrt sich gegen Männer, die ihn holen wollen, doch bei der Rangelei wird er getötet. Nun erkennen die anderen, dass sie handeln müssen, sie wollen entkommen und Rache nehmen. Als die Kidnapper eines Tages unachtsam sind, ergreifen die Jugendlichen ihre Chance und stellen sich den Menschen, die sie monatelang gedemütigt haben.
Friedrich Ani zeigt hier eine unglaublich bewegende und auch teilweise beklemmende Geschichte, die dem Leser einige schlaflose Nächte beschert und noch lange im Gedächtnis bleibt. Dem Autor ist es gelungen, die so verzweifelte Lage, in der sich die Jugendlichen befinden, überzeugend darzustellen. Dieses Buch regt durchaus zum Nachdenken an und man stellt sich automatisch die Frage „Was würde ich tun, wenn ich in so einer Situation wäre?“



Friedrich Ani: Die unterirdische Sonne, cbt-Verlag, Taschenbuch 2015, 336 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 15 Jahren




Theresa Bolkart (Q 11)





Geschichten aus dem Beutel

Ein Känguru, das ein ganz spezielles Weltbild hat. Ein Kleinkünstler, der sich lieber anpasst als aufzufallen. Was passiert, wenn ihre beiden Welten aufeinanderprallen? Die Antwort: Eine Katastrophe. Eine urkomische und unterhaltsame Katastrophe! Eines Tages zieht ein Känguru in die Wohnung neben Marc-Uwe ein und nur ein paar Tage später wohnt es schon bei dem Künstler. Und von da an werden die Tage dieses ungleichen Paares bestimmt von Ironie, Witz und herrlich sinnlosen Diskussionen über Gott und die Welt.
Dieses grüne Buch ist nur der Auftakt zu einer fantastischen Trilogie voller Ironie, Kabarett und Schnapspralinen. Ebenso amüsant ist auch die vom Autor selbst gelesene Hörbuchversion seiner Kängurugeschichten, in denen schon allein durch die Stimme des Kängurus sein einzigartiger Charakter deutlich wird.




Marc-Uwe Kling: Die Känguru Chroniken, Ullstein Taschenbuch 2011, 272 Seiten, 8,99 €; empfohlen ab 15 Jahren









Charlotte Polansky (Q 11)





Von der grauen Maus zum Supergirl

Eigentlich hätte Allyson mit ihrer Reisegruppe ins Theater gehen sollen. So war es geplant, genauso wie die ganze Europareise in einer betreuten Reisegruppe für Minderjährige, die ihr ihre Eltern zum Highschool-Abschluss geschenkt hatten. Diese Reise ist genauso durchgeplant wie ihr ganzes bisheriges Leben. Die 18-jährige Amerikanerin ist genau das, was man sich unter einem grauen Mäuschen vorstellen kann. Sie sieht sich selbst als eher langweilig, Spontaneität ist ein absolutes Fremdwort für sie. Die Regeln hat sie noch nie gebrochen, auch nicht auf der Reise – bis zu diesem einen Tag, an dem sie Willem kennenlernt.
Als sie mit ihrer besten Freundin wenige Tage vor ihrer Rückreise vor dem Theater wartet, lädt der junge Schauspieler die beiden ein, eine etwas andere Vorführung von Shakespeares „Was ihr wollt“ anzusehen. Willem ist genau das, was Allyson nicht ist. Er scheint unglaublich frei und unabhängig zu sein, und sie ist sofort von ihm fasziniert. Deswegen lügt Allyson ihre Reiseleiterin an, um nicht mit der Gruppe ins Theater zu müssen – für sie der erste Regelbruch überhaupt.
Doch ihr Leben wird noch interessanter: durch einen Zufall trifft sie Willem wieder und dieser schlägt vor, mit ihr spontan nach Paris zu fahren, da Paris ursprünglich nicht auf ihrer Reisroute lag, sie die Stadt aber unbedingt sehen möchte. Allyson wittert das als Möglichkeit, ihr altes Leben und ihre Wertvorstellungen komplett über Bord zu werfen und eine neue Version von sich selbst zu entdecken.
In Paris erlebt sie einen wunderschönen Tag, der mit einer Übernachtung in einem besetzten Haus endet. Am nächsten Morgen ist Willem jedoch spurlos verschwunden – und Allyson versteht die Welt nicht mehr. War Willem doch nur ein übler Aufreißer? Allyson will das nicht glauben. Und da auch ihr Leben am College nicht so gut läuft, wie sie es sich erhofft hatte, und sie sich wieder in ihrem alten Leben gefangen sieht, beschließt sie, nach Willem zu suchen.
Es gibt zu „Nur ein Tag“ auch eine Fortsetzung mit dem Titel „Und ein ganzes Jahr“.
Die 1971 geborene Schriftstellerin Gayle Forman ist für viele sicherlich ein Begriff, da sie bereits die Bestseller „Wenn ich bleibe“ und „Lovesome“ veröffentlicht hat. Vor ihrer Karriere als Buchautorin arbeitete sie für bekannte Zeitschriften wie „Elle“ und „Cosmopolitan“.

Gayle Forman: Nur ein Tag, Fischer Verlag, 2016, 432 Seiten, 14,99 €; empfohlen ab 12 Jahren




Cassandra Fichtner (Q 11)





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