Redakteur: Thorsten Krebs
Publikationsdatum: 19.06.2016
Letzte Änderung: 18.12.2016

Archiv der Rezensionen (2)

Hier findet ihr zurückliegende Rezensionen unseres Bücherclubs

Lesetipps der Woche


In unserem Archiv findet ihr Kurzkritiken spannender und bewegender Bücher zu den verschiedensten Themenbereichen, die Schüler des Bücherclubs für euch verfasst haben. Die Bewertungen reichen von einem Buchherz (=nicht besonders zu empfehlen) bis zu 5 Buchherzen (=ein absolutes Lesemuss!). Die Rezensionen sind als Anregung und "Appetitmacher" gedacht. Und jetzt: ran an die Bücher und sich selbst ein Urteil bilden! Übrigens: Weitere Buchkritiken findet ihr in unseren Lesetipps der Woche und in unserem Archiv der Rezensionen (1) und Archiv der Rezensionen (3).


Ein Sommer. Ein Geheimnis.

Bunt, laut, chaotisch, lebensfroh – das sind die Garretts, die 10- köpfige Nachbarfamilie von Samantha Reed, und damit genau das Gegenteil von dem, was Samanthas Mutter befürwortet. Aber Samantha liebt die fröhlichen Nachbarn, auch wenn sie die Familie nur heimlich von ihrem Zimmer aus beobachten kann. Doch alles ändert sich, als Jase Garrett eines Abends auf den Dachvorsprung von Samanthas Haus klettert und ihr Leben komplett auf den Kopf stellt. Hals über Kopf verliebt sich Samantha in Jase und so lernt sie die Garretts kennen, die sie mit offenen Armen empfangen. Aber es gibt immer noch ein Problem in Form von Mrs Reed, die weiterhin den fröhlichen Lebensstil der Nachbarfamilie ablehnt. Anfangs gelingt es Samantha, ihr neues Leben zu verheimlichen, bis es zu einem schrecklichen Unfall kommt, der alle Beteiligten auf eine harte Probe stellt, vor allem aber Jase und Samantha.
Für jeden, der wieder einmal eine schöne Liebesgeschichte lesen möchte, ist dieser Roman ein absolutes Muss. Aber die Autorin begrenzt sich nicht nur auf die Liebesgeschichte, sondern spricht auch kritische Themen wie das mangelhafte Sozialsystem in den USA in ihrem Buch an. Auch die große Spannweite zwischen Arm und Reich und die fehlende Unterstützung des Staates werden thematisiert. Doch die Liebesgeschichte bleibt trotz allem im Mittelpunkt. Insgesamt handelt es sich um einen gelungenen Roman, der sich perfekt als Sommerlektüre eignet, und das nicht nur wegen seines Titels.
„Mein Sommer nebenan“ ist der Debütroman der amerikanischen Autorin Huntley Fitzpatrick. Dieses Jahr erschien die Fortsetzung unter dem Titel „Mein Leben nebenan“.



Huntley Fitzpatrick: Mein Sommer nebenan, cbj-Verlag, Taschenbuch 2015, 512 Seiten, 8,99 €; empfohlen ab 12 Jahren




Anica Specht (Q 11)



In der Wildnis von Kanada

Jodie kann es nicht glauben. Nachdem ihr Vater seinen Job verloren hat, hat ihre Mutter es auch noch geschafft, ihn mit ihren Vorwürfen zu vertreiben. Um den Eltern einen Denkzettel zu verpassen, beschließt sie von zuhause abzuhauen. Und zwar zu einem Freund, den sie im Internet kennen gelernt hat. Per Anhalter will Jodie zu ihm fahren, doch sie kommt dort nie an. Auf dem Weg ist sie gezwungen, vor einem aufdringlichen Lkw-Fahrer zu flüchten, und läuft wortwörtlich dem jungen Indianer Jay in die Arme. Da der Lastwagenfahrer mittlerweile weitergefahren ist, bleibt Jay nichts anderes übrig, als das Mädchen mitzunehmen, denn sie kann ja schließlich nicht nachts allein im Wald bleiben. Jay ist Jodie nicht ganz geheuer. Warum ist er so wütend? Und warum kann er sie nicht einfach zurück zur Straße bringen? Nach einer fast zweitägigen Reise, bei der sich Jodie am Fuß verletzt, erreichen sie ihr Ziel. Es ist ein kleines Camp mit Indianern, die zurückgezogen von der Zivilisation leben. Dort erfährt das Mädchen auch, warum Jay sich so beeilt hat. Sein Bruder ist schwer krank und die Medizin, die Jay ihm bringt, kommt zu spät.
Da Jodie kaum gehen kann, muss sie so lange im Camp bleiben, bis sie wieder gesund ist. In dieser Zeit lernt sie die Natur kennen. Zuvor hat sie nur in einer Stadt gewohnt. Das Leben in der Wildnis ist völlig neu und voller Herausforderungen. Doch auch Jay kommt sie näher. Sie verliebt sich in ihn und will plötzlich nicht mehr zurück. Aber natürlich ist das unumgänglich.
Antje Babendererde ist eine deutsche Autorin, die Bücher über das Leben der nordamerikanischen Indianer schreibt. „Libellensommer“ wurde mit dem Erwin-Strittmatter-Sonderpreis für Kinder- und Jugendliteratur und dem DELIA-Preis als bester deutschsprachiger Liebesroman ausgezeichnet.


Antje Babendererde: Libellensommer, Arena-Verlag, Sonderausgabe 2011, 320 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 13 Jahren







Maria Baumer (Q 11)






Wechsle die Perspektive

Wohin gehst du, wenn der größte Teil deiner Heimatstadt in Ruinen liegt? Wenn es in dein von Bomben zerstörtes Haus regnet und der Winter bevorsteht? Wenn es für dich in deinem Land keine Hoffnung mehr gibt?
Janne Teller fordert ihre Leser dazu auf, an einem Gedankenexperiment teilzunehmen und sich auf einen Perspektivenwechsel einzulassen. Ihr gelingt es vor allem durch ihren ergreifenden und mitreißenden Schreibstil und die Anlage der Geschichte als Du-Erzählung, den Leser Gewalt, Elend, Hunger und Diskriminierung hautnah erfahren zu lassen.
„Krieg: Stell dir vor, er wäre hier“ beschreibt ein Flüchtlingsdrama, in dem wir selbst die Hauptrolle spielen und in einer Welt leben, in der die europäischen Staaten sich bekriegen und in der in der arabischen Welt Frieden herrscht.
Das Buch ist eine Einladung, das Leben der Menschen nachzuvollziehen, die aktuell in unser Land flüchten müssen und eine Unterkunft suchen. Eine Einladung zu eigenem Denken und Mitgefühl, zu politischem Bewusstsein und zur Menschlichkeit. Wenn man sich traut sie anzunehmen, wird man nicht nur verstehen, warum Menschen flüchten müssen, sondern auch ein mitmenschliches Verständnis erlangen, das in unserer heutigen Situation mehr als notwendig ist.


Janne Teller: Krieg: Stell dir vor, er wäre hier, Carl Hanser Verlag, 2011, 64 Seiten, 6,90 €; empfohlen ab 13 Jahren







Elisa Sepp (Q 11)






Ein Schloss + ein Manuskript + Mathematik = ein Abenteuer?

Statt wie seine Freunde die Sommerferien am Meer oder in einem Ferienlager zu verbringen, wird der junge Christian von seiner Patentante zu einer Sommerakademie mitgenommen. Und die ist auch noch über Mathe! Zuerst ist der 12-Jährige alles andere als begeistert, doch allmählich scheint dieser Urlaub immer spannender für ihn zu werden. Schon bei der Ankunft in dem großen und geheimnisvollen Schloss in der Toskana fällt ihm auf, dass es hier doch ganz anders ist, als er erwartet hatte. Die „schreckliche“ Sommerakademie entpuppt sich schließlich als spannende Vortragsreihe zum Thema Codes. Und das interessiert Christian nun doch, denn der selbsterklärte Mathemuffel findet endlich einen Zweck in den ganzen Matheformeln und Regeln, die er in der Schule lernt. Als dann auch noch ein geheimnisvolles Manuskript verschwindet und nur rätselhafte Botschaften als Hinweise zurückbleiben, steckt der Schüler mitten in einem aufregenden Abenteuer voller Rätsel und Mathematik.
Das Buch des Dresdner Mathematik-Professors Albrecht Beutelspacher, der für seinen lebendigen und aufregenden Unterricht bekannt ist, ist in der Lage, selbst die größten Mathemuffel zu begeistern.



Albrecht Beutelspacher: Christian und die Zahlenkünstler, dtv, 3. Auflage Juni 2008, 224 Seiten, 7,95 €; empfohlen ab 10 Jahren








Charlotte Polansky (Q11)



Wie ein Name scheinbar das ganze Leben ruinieren kann

Ismael ist 14 Jahre alt und leidet am „Ismael-Leseur-Syndrom“. Es ist nach ihm benannt, da er als weltweit erster und einziger Mensch daran „erkrankte“. Dieses Syndrom macht ihn zum völligen Deppen und somit laut eigenen Aussagen zum Bürgermeister von Versagerhausen. Man kann sich also vorstellen, dass es Ismael nicht gerade leicht in der Schule hat, denn vor allem Barry Bagsley und seine Gang schikanieren jeden, der anders ist als sie.
Doch die Lage bessert sich eines Tages, als der neue Schüler James Scobie in ihre Klasse kommt. Für Barry ist er natürlich das perfekte neue Opfer, doch James lässt sich das nicht gefallen und macht Barry mit Worten fertig, sodass dieser erst einmal alle in Ruhe lässt. James gründet einen Debattierclub, dem auch Ismael beitritt. Auf diese Weise lernen beide neue Freunde kennen, auch außerhalb der Schule. Obwohl die Mitglieder des Clubs unterschiedlicher nicht sein könnten, gewinnen sie viele Debatten und schaffen es sogar in eine der Endrunden. Bagsley findet nun ein neues Opfer, nämlich Ismaels Freund Bill Kingsley. Er macht sich über dessen Körperfülle lustig und hängt überall verunstaltete Bilder von ihm auf. Ismael sinnt deshalb auf Rache, er möchte nicht, dass Barry noch irgendjemandem schadet. Doch kurz bevor er seinen Plan in die Tat umsetzen will, merkt er, dass er eigentlich schon längst gewonnen hat.
„Nennt mich nicht Ismael!“ erzählt eine ziemlich lustige Geschichte über Freundschaft und das Erwachsenwerden. Der Autor geht hier auf besonders witzige Weise auf sehr ernste Themen wie Mobbingund das Anders-Sein ein. Außerdem kam dieses Buch bei seinen Lesern so gut an, dass es sogar eine Fortsetzung gibt, nämlich „Ismael und der Auftritt der Seekühe“.


Michael Gerard Bauer: Nennt mich nicht Ismael!, dtv, 304 Seiten, 8,95 €; empfohlen ab 11 Jahren







Theresa Bolkart (Q11)



Dream a little dream …

Liv ist schon immer ein Mädchen mit lebhaften Träumen gewesen. Doch in letzter Zeit sind selbst für Liv die Träume sehr seltsam … ein geheimnisvoller Flur mit unheimlichen Türen, sprechende Steinfiguren und düstere Rituale auf einem Friedhof, vollzogen von vier Jungs. Das Problem dabei ist, dass diese vier Liv nicht unbekannt sind, sondern es sich um Grayson, Livs neu hinzugewonnen Stiefbruder und seine drei besten Freunde handelt. Seit Kurzem geht Liv mit ihnen auf die gleiche Schule, aber sie würde den vier Jungs niemals zutrauen, sich in düstere, magische Beschwörungen zu verstricken, und außerdem ist es ja alles nur ein Traum, oder etwa doch nicht? Als die Jungs aber plötzlich Livs Geheimnisse kennen, die sie niemals preisgeben würde, wird sie neugierig und möchte wissen, wie die Jungs das hinbekommen haben. Hat es etwas mit dem Traum zu tun? Ist es doch mehr, als nur ein Traum? Warum vollziehen die vier Jungs heimlich Rituale? Was hat es mit den seltsamen Türen auf sich? as alles möchte Liv herausfinden, denn Rätseln und Abenteuern konnte sie noch nie widerstehen.
Oft neigen Fantasy-Romane dazu, unrealistisch und übertrieben zu wirken. Doch Kerstin Gier schafft es, einen fantasiereichen und dennoch realistischen Roman zu schreiben, bei dem jeder Fantasy-Fan auf seine Kosten kommt. Kombiniert mit dem leichten und humorvollen Schreibstil der Autorin wird das Buch zu einem rundum gelungenen und unterhaltenden Fantasy-Roman.
Mit „Silber- Das erste Buch der Träume“ startete Kerstin Gier eine weitere erfolgreiche Trilogie. Bekannt wurde die Bestsellerautorin vor allem durch ihre „Rubinrot – Saphirblau – Smaragdgrün“-Trilogie, die auch verfilmt wurde.


Kerstin Gier: Silber – Das erste Buch der Träume, Fischer Verlag, 2013, 416 Seiten, 18,99 €; empfohlen ab 14 Jahren







Anica Specht (Q11)






„Vielleicht liebte Margo Rätsel so, dass sie selbst zu einem wurde…“

Margo Roth Spiegelman ist ein Mysterium. Es kursieren unzählige Geschichten über sie, wie die Geschichte von dem Zirkus, mit dem Margo drei Tage lang gereist war, weil die Zirkusleute ihr Potential am Trapez erkannt hatten. Oder die Geschichte von der Band, mit der sie nach dem Konzert hinter der Bühne Kräutertee trank. Alle Geschichten über sie waren schwer zu glauben, und doch immer wahr.
Ihr Nachbar Quentin ist das komplette Gegenteil der risikofreudigen und abenteuerlustigen Margo. An der Schule gehört er zu den Uncoolen, außerdem sind seine Eltern Psychologen, weshalb er eine ziemlich ausgeglichene Kindheit hatte. Von klein auf allerbeste Freunde leben sie sich doch mit der Zeit auseinander, bis Margo eines Abends vor Quentins Fenster steht und ihn bittet, mit ihm zu kommen und ihm bei einem nächtlichen Rachefeldzug gegen einige ihrer Feinde zu helfen. Dadurch bietet sich ihm die Chance, Margo zu beeindrucken. Dafür muss er jedoch alle seine Ängste über Bord werfen. In dieser Nacht hat er zum ersten Mal das Gefühl, Margo wirklich kennenzulernen.
Am nächsten Morgen ist Margo jedoch verschwunden, woraufhin er sich fragt, ob er sie jemals wirklich gekannt hat. Er stellt sein ganzes Leben auf den Kopf und versucht, den Hinweisen nachzugehen, die sie ihm hinterlassen hat. Gemeinsam mit seinen besten Freunden Radar und Ben sowie Margos Freundin Lacey geht er auf Spurensuche. Er möchte herausfinden, warum sie weg und was mit ihr passiert ist. Ob er sie letztendlich findet, könnt ihr im Buch nachlesen.
Das Buch ist spannend und gut geschrieben, vor allem weil Margo eine rätselhafte und interessante Persönlichkeit ist. „Margos Spuren“ gehört neben „Eine wie Alaska“ und „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ zu Greens erfolgreichsten Jugendbüchern, für die er unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde. Der 1977 geborene Autor studierte Englische Literatur und Vergleichende Religionswissenschaft, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. „Margos Spuren“ wurde 2015 verfilmt.

John Green: Margos Spuren, dtv Verlag, 2015, 336 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 14 Jahren







Cassandra Fichtner (Q 11)



Drei können ein Geheimnis bewahren, wenn zwei von ihnen tot sind

Was würdest du tun, wenn deine beste Freundin plötzlich verschwindet? Oder wenn du anonyme Nachrichten geschickt bekommst, die deine größten Geheimnisse aufdecken? In genau dieser Situation finden sich die vier Mädchen Aria, Emily, Hanna und Spencer zwei Jahre nach dem rätselhaften Verschwinden ihrer Freundin und Cliquen-Anführerin Alison DiLaurentis wieder. Jede bekommt kleine Nachrichten zugesteckt und gesendet, die von ihren dunkelsten Geheimnissen und Momenten handeln. Die geheimnisvolle Absenderin der bedrohlichen Texte nennt sich nur „A“. Und zuerst glauben die Mädchen, Alison wäre zurück, doch nachdem eines Abends ihre Leiche gefunden wird, sind die Freundinnen verwirrt. Wer ist „A“, und vor allem, woher kennt sie die großen und kleinen Lügereien und Geheimnisse der Mädchen? Woher weiß sie von Spencers Flirt mit dem Verlobten ihrer Schwester oder von Arias Affäre mit ihrem Englischlehrer, Hannas Bulimie oder Emilys Gefühlen für Mädchen? Können die Vier herausfinden, wer „A“ ist, und die Umstände um Alisons Verschwinden aufdecken?
Das Buch „Unschuldig“ ist der erste Band aus Sara Shepards Reihe „Pretty Little Liars“ und ein spannender Auftakt für die 16-teilige Serie. Auch die amerikanische TV-Serie „Pretty Little Liars“, die auf den Büchern beruht, ist voller Spannung, Romantik und Geheimnissen.

Sara Shepard: Unschuldig – Pretty Little Liars, cbt-Jugendbuch, 2009, 316 Seiten, 7,95 €; empfohlen ab 14 Jahren







Charlotte Polansky (Q 11)



„Kein Schaf darf die Herde verlassen – außer es kommt zurück!“

Als die Schafherde ihren Schäfer George Glenn eines Morgens mit einem aus der Brust ragenden Spaten tot auffindet, sind die Schafe erst einmal ratlos und geschockt. „Gestern war er noch gesund“, sagt eines der Schafe, während ein anderes weiß: „Spaten sind keine Krankheit.“ Zuerst einmal stellen die Schafe klar, dass sie nicht verhungern werden und dass George nicht von einem Wolf getötet wurde. Nach einer abgewendeten Panik und einigen Überlegungen kommen sie schließlich zu dem Schluss, dass es nur ein anderer Mensch gewesen sein kann, der den Spaten in George hineingesteckt hat – ihr Schäfer wurde ermordet! Und obwohl George Glenn sicher nicht der perfekte Schäfer war, hat er doch zu der Herde gehört und auf jedes einzelne Schaf Acht gegeben, weshalb die Schafherde beschließt zu ermitteln, um den „Spatenstecker“ zu finden und den oder die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen.
Dank eines Kriminalromans, den George seinen Schafen vor einer Weile mal vorgelesen hat, wissen die Schafe, was sie bei ihren Ermittlungen – angeführt von Miss Maple, dem klügsten Schaf der Herde, des Dorfes Glennkill und vielleicht sogar der ganzen Welt – beachten müssen. Zum Beispiel haben sie gelernt, dass der Täter immer zum Tatort zurückkehrt, was sie dazu bringt, ihren natürlichen Feind, den Metzger, dem sie alles zutrauen, zu verdächtigen, da er einer der Ersten war, die George gefunden haben, während andere Schafe Georges Frau Kate für die Täterin halten, denn sie habe herausgefunden, dass George eine Geliebte hatte. Im Laufe der Nachforschungen unternehmen die Schafe auch Ausflüge ins Dorf und belauschen die Bewohner, um Informationen zu gewinnen. So wird der Pfarrer, von dem sie – ihrer Schafslogik gemäß – denken, er sei Gott und Gott scheine ja schon mehrere Leute auf dem Gewissen zu haben, der neue Hauptverdächtige. Es braucht eine Weile, aber schließlich kommen die Schafe auf die richtige Fährte und können den Fall mit einiger Planung und mit Geschick aufklären.
Was dieses Buch so lesenswert macht, sind die liebevoll gezeichneten tierischen Charaktere. Jedes der Schafe hat seine eigene Geschichte und Hintergründe, und sie alle haben verschiedene Eigenschaften und Fähigkeiten, die jedes einzigartig und zu einem wertvollen Mitglied der Herde machen. Zudem verblüfft und erfrischt die ungewohnte Erzählweise, und die Art, wie die Schafe denken und sich die Welt erklären, ist sehr lustig zu lesen.
Leonie Swann wurde 1975 in der Nähe von München geboren. Sie studierte Philosophie, Psychologie und Englische Literaturwissenschaft in München. „Glennkill“ ist ihr erster Roman, der auf Anhieb sowohl im deutschsprachigen Bereich als auch international für Furore sorgte und bisher in 23 Länder verkauft wurde. Leonie Swann lebt heute in Berlin.

Leonie Swann: Glennkill, Goldmann Verlag, 2007, 384 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 12 Jahren





Christina Weiß (Q 11)



Auf der Suche nach dem großen Vielleicht

Miles beschließt, mit sechzehn auf das Internat Culver Creek in Alabama zu gehen, wo schon sein Vater war. Dort hofft er, Freunde, Abenteuer und „das große Vielleicht“ zu finden. Als er ankommt, nimmt ihn sein Zimmergenosse Chip, den alle den Colonel nennen, mit zu Alaska, um von ihr Zigaretten zu kaufen. Miles wird vom ersten Moment an in ihren Bann gezogen. Sie ist anders als alle Mädchen, die er bis dahin getroffen hat: verrückt, laut und sehr hübsch. Er verliebt sich in ihre fröhliche, lachende Seite, aber es gibt auch eine andere: verletzlich, traurig und still. Diese Alaska ist unberechenbar und kann verletzend wirken, weil sie andere Menschen ausschließt.
Mit dem Japaner Takumi und Lara, die aus Rumänien kommt, wird die Clique vollständig. Zusammen spielen sie anderen Streiche, die von Alaska und dem Colonel ausgeheckt wurden. Ihre Hauptziele sind der von allen gefürchtete Lehrer mit dem Spitznamen „der Adler“ und die „Tagestäter“, die Kinder der Reichen, welche davon überzeugt sind, etwas Besseres zu sein. Miles ist glücklich, er hat wundervolle Freunde und sein Leben ist alles andere als langweilig.
Doch in einer Nacht voll süßem Billigrotwein, den Alaska so liebt, verändert sich plötzlich Miles' ganzes Leben. Der Colonel und er setzen alles daran, das Rätsel Alaska zu lösen, um Antworten auf ihre drängenden Fragen zu bekommen. Das Buch ist in zwei Teile gegliedert, dem „Vorher“ und dem „Nachher“. Anfangs steht die Suche nach dem großen Vielleicht – oder anders gesagt: dem Sinn des Lebens – im Mittelpunkt. Der „Nachher“-Teil handelt von dem Versuch, dem „Labyrinth des Leidens“ zu entfliehen. John Green erzählt die Geschichte mit einem unglaublichen Humor und Gefühl. Er zeigt, was es bedeutet, wahre Freunde zu haben, dazuzugehören und wie schrecklich unvorhersehbar das Leben sein kann.
Mit „Eine wie Alaska“ gab John Green ein hervorragendes Debüt. Der Roman wurde unter anderem mit dem Michel L. Printz Award für besondere Verdienste um die US-amerikanische Jugendliteratur und dem Teens' Top Ten Award ausgezeichnet.


John Green: Eine wie Alaska, dtv (Reihe Hanser), 20. Auflage 2015, 304 Seiten, 9,95 €, empfohlen ab 12 Jahren







Maria Baumer (Q11)






"Lieber Kurt Cobain!"

Für den Englischunterricht soll Laurel einen Brief an eine bereits verstorbene Persönlichkeit schreiben. Sie wählt den Lieblingssänger ihrer toten Schwester May, zu der sie immer aufgeschaut hat, Kurt Cobain. Aus dem ersten Brief wird eine lange Unterhaltung mit vielen weiteren toten Berühmtheiten wie Janis Joplin, Amy Winehouse oder John Keats. Laurel wäre beinahe an ihrer Vergangenheit zerbrochen, doch durch die Briefe hat sie das Gefühl, endlich verstanden zu werden. Sie erzählt ihnen von ihrer neuen Schule, ihren neuen Freunden und von Sky, ihrer großen Liebe.
Der Bestsellerautor Jay Asher beschreibt das Buch als eine Art „Liebesbrief an das Leben.“ Ich finde, er trifft mit dieser Aussage absolut ins Schwarze, denn Ava Dellaira gelingt es, den Leser sehr direkt an der persönlichen Geschichte des jungen Mädchens teilhaben zu lassen, sodass ihm selbst schnell bewusst wird, wie kostbar das Leben ist. Seite für Seite erfährt man mehr über Laurels Leben, das geprägt ist von Höhen und Tiefen. Vor allem der Gedanke, schuld am Tod ihrer Schwester zu sein, lässt sie nicht los und auch die Scheidung ihrer Eltern belastet sie, doch durch ihre Freundinnen und durch Sky lernt sie das Leben wieder zu schätzen. Tag für Tag. Sie lässt sich nicht unterkriegen und findet immer wieder neue Kraft, um aus ihrem Tief herauszufinden.
„Love Letters to the Dead” ist ein sehr authentisches Jugendbuch, das schonungslos ehrlich und einfühlsam Laurels Suche nach sich selbst, ihren Umgang mit dem Tod ihrer großen Schwester und ihren Gefühlen beschreibt. Ihre Geschichte ist ebenso ergreifend und bewegend wie glaubwürdig und hat mich geradezu gefesselt.



Ava Dellaira: Love Letters to the Dead, cbt Verlag, 2015, 416 Seiten, 17,99 €, empfohlen ab 14 Jahren







Elisa Sepp (Q11)






„Der Mörder sticht dem Opfer in die Kehle. Der Mobber sticht dem Opfer in die Seele.“

Lara, ein junger Teenager, hatte in ihrem Leben schon viele Probleme. Als sie kleiner war, wurde sie wegen ihres leichten Übergewichts gehänselt, Freunde waren ein seltenes Gut, außerdem wurde sie wegen Depressionen ins Krankenhaus eingewiesen. Kurz gesagt, Laras Leben war bisher eine einzige Baustelle. Doch mittlerweile hat sie ein paar Kilos verloren, die Depressionen überwunden und es sogar ins heißersehnte Cheerleaderteam der Schule geschafft.
Es scheint doch so etwas wie Glückssträhnen zu geben, denn zu allem Überfluss schreibt sie auch noch ein megahübscher Junge auf Facebook an und bombardiert sie derart mit Komplimenten und sogar Liebeserklärungen, dass Lara sich Hals über Kopf in den Unbekannten, der sich Christian DeWitt nennt, verliebt. Bei all dem Sonnenschein, der in Laras Leben gedrungen ist, kann doch eigentlich nichts mehr schiefgehen.
Doch wie es das Schicksal will, schlägt erneut ein meteoritenartiges Ereignis ein und lässt Lara von einem Tag auf den anderen wieder tief im Boden versinken. „Die Welt wär besser ohne dich“, muss das Mädchen eines Abends auf ihrer Facebook-Pinnwand lesen. Geschrieben von dem Jungen, von dem sie erwartet hatte, dass er sie demnächst zum Homecoming-Ball einladen würde. Von einem Augenblick auf den nächsten kehren die alten Gefühle zurück. Warum? Was habe ich Christian und den ganzen „Kommentarlikern“ getan? Diese Fragen geistern durch Laras Kopf und lassen sie nicht los. Verzweifelt und traurig wie noch nie trifft sie eine verhängnisvolle Entscheidung.
Sarah Darer Littman hat es begriffen, das furchtbare Gefühl eines Gemobbten sowie eines Mobbers (der allerdings oft erst nach der Veröffentlichung des Falls darunter leidet) authentisch und realitätsgetreu darzustellen. Mit einfacher, aber gleichzeitig aussagekräftiger Sprache lässt sie Außenstehende mitten ins Geschehen blicken und gestaltet das Thema aus der Sicht aller Beteiligten. Durch kurze Kapitel, die jeweils aus einer anderen Perspektive die Ereignisse schildern, wird einem die Komplexität einer Mobbingattacke deutlich gemacht. Ein super Buch für Leute, die einen Einblick bekommen wollen, was alles durch noch so harmlose Worte ausgelöst werden kann.

Sarah Darer Littman, Die Welt wär besser ohne dich, Ravensburger Verlag, 2016, 379 Seiten, 14,99 €; empfohlen ab 12 Jahren





Franziska Kölbl (Q 11)



Eine Woche vor dem Schulball von einem Vampir gebissen zu werden, das nervt!

Die eineiigen Zwillingsschwestern Sunshine und Rayne McDonald könnten unterschiedlicher nicht sein. Mal ganz abgesehen von der unkonventionellen Namensgebung ihrer Exhippie-Eltern besteht Sunnys Standard-Aufmachung aus einem Tanktop, Jeans und Flip-Flops, während Rayne ein treuer Fan der Gothic-Szene ist, nur Goth Music hört und die einzigen Kleidungsstücke in ihrem Kleiderschrank, die nicht schwarz, mit Spitze besetzt oder aus Leder sind, aus purer Ironie gekauft hat. Während Sunny ziemlich genau der Definition eines Unschuldslamms entspricht, liebt es Rayne, sich permanent in Schwierigkeiten zu bringen, was die beiden zum genauen Gegenteil voneinander macht. Trotz des himmelweiten Unterschiedes zwischen den beiden halten sie jedoch immer zusammen gegen überfürsorgliche Eltern, nervige Lehrer und dergleichen.
Als Sunny aus einer schwesterlichen Verpflichtung heraus eines Abends mit Rayne in einen Goth Club geht, erwartet sie einen merkwürdigen, langweiligen Abend. Was sie jedoch nicht erwartet, ist, von einem sehr attraktiven, etwas geheimnisvollen Mann in den Hals gebissen zu werden. Und was sie noch viel weniger erwartet, ist, dass sich der Mann, der nicht viel älter aussieht als sie, als ein tausendjähriger Vampir herausstellt. Nach einigen wütenden Worten und viel Verwirrung findet Rayne die beiden und klärt die Situation auf: Rayne will ein Vampir werden, deswegen hat sie einen Antrag an den geheimen lokalen Vampirzirkel gestellt und den Vampir Magnus als Blutsgefährten zugewiesen bekommen, der sie jedoch mit Sunny verwechselt hat, da die beiden Schwestern sich rein äußerlich bis aufs Haar gleichen.
Die absolut wichtigste Frage für Sunny ist jetzt: Wie kann ihre Verwandlung in einen Vampir aufgehalten werden, bevor es zu spät ist und sie auf immer zu einem unsterblichen Dasein als ein Geschöpf der Nacht verdammt ist? Was dieses Buch von der breiten Masse der Vampirromane abhebt, ist die Tatsache, dass die Autorin, obwohl sie sich einiger Vampirklischees bedient, diese auf eine Art und Weise umsetzt, die neu und anders ist, und auch mit einer Menge eigener interessanter Ideen aufwartet. Die Protagonistin Sunny ist von der Idee, ein Vampir zu werden, nicht gerade begeistert, um nicht zu sagen, sie kann sich nichts Schlimmeres vorstellen. Ebenso ist sie von Vampiren, dem Zirkel und der Vampir-Hierarchie generell ziemlich unbeeindruckt, macht sich ständig über sie lustig und lässt sich von keinem Untoten einschüchtern, was erfrischend anders ist und die Geschichte lebendig macht.
Mari Mancusi ist eine US-amerikanische Journalistin, Fernsehproduzentin und Buchautorin. Heute arbeitet sie als Nachrichtenjournalistin bei NBC und ist zweifache Emmy-Preisträgerin. Mancusi verfasst vor allem Vampirromane. Sie lebt mit ihrem Freund Jacob und ihrer Hündin Molly in Jersey City.


Mari Mancusi: Jungs zum Anbeißen, Arena Verlag, 2006, 261 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 14 Jahren







Christina Weiß (Q11)




„Augen durchdringen alles, und genau das macht mir Angst ...“

Audrey Turner ist eigentlich ein ganz normaler Teenager, wenn man einmal von ihrer etwas chaotischen Familie absieht: Ihr Bruder Frank ist ein Computernerd, ihre Mutter eine „Daily Mail“-süchtige Gesundheitsfanatikerin und ihr Vater ist ein etwas zerstreuter Zeitgenosse. Doch etwas unterscheidet Audrey von den anderen Jugendlichen, und zwar ihre Sonnenbrille. Audrey nimmt sie niemals ab, und das nicht etwa, weil sie sich für etwas Besseres hält, sondern weil sie ihre Angstattacken dahinter versteckt, denn sie leidet unter sozialer Phobie. Der Grund dafür ist, dass Audrey Mobbingopfer in ihrer alten Schule geworden ist und seither unter Panikattacken leidet, wenn ihr jemand zu nah kommt – oder noch schlimmer – ihr in die Augen schauen will. Als ihr eines Tages ihre Therapeutin vorschlägt, sie solle eine Art Dokumentarfilm über ihre Familie drehen, ist Audrey anfangs skeptisch, aber sie entschließt sich doch, die Aufgabe anzunehmen. Dabei taucht immer öfter Linus, ein Freund von Frank, in ihrem Film auf und es entsteht mehr als nur eine besondere Freundschaft.
Wer jetzt denkt, „schon wieder eine langweilige Romanze“, liegt falsch. Denn die Autorin schafft es, vor allem die chaotische Familie Turner in den Mittelpunkt zu stellen, was das Buch sehr amüsant und leicht zu lesen macht. So trägt jedes Mitglied seinen Teil zu dem Buch und auch zu Audreys Genesung bei. Aber es werden auch durchaus ernste Themen behandelt wie Mobbing, Depression oder die zerstörerische Wirkung von Gerüchten. Dabei bleibt die Autorin trotz allem positiv und vermittelt so jedem pure Lebensfreude. Sehr schade allerdings ist, dass man leider nie ganz erfährt, was der Grund für Audreys Krankheit ist. Trotzdem ist das Buch insgesamt gelungen und absolut lesenswert für Leute, die wieder einmal eine romantische Komödie lesen wollen.
„Schau mir in die Augen, Audrey“ ist der erste Jugendroman der englischen Autorin Sophie Kinsella. Bekannt wurde sie mit ihrem Bestsellerroman „Shopaholic - Die Schnäppchenjägerin“, der auch verfilmt wurde.

Sophie Kinsella: Schau mir in die Augen, Audrey, cbj-Verlag, 2015, 384 Seiten, 14,99 €; empfohlen ab 12 Jahren







Anica Specht (Q 11)




Zwei Generationen, eine Geschichte

Der 91-jährige Ira Levinson fährt mit seinem Auto gegen eine Leitplanke. Lebensgefährlich verletzt liegt er einsam und hilflos auf der Straße. Dabei erinnert er sich an die schönen Tage, die er mit seiner verstorbenen Frau Ruth verbracht hat, und bildet sich ein, dass sie neben ihm sitzt, wodurch er Kraft bekommt und versucht, sich am Leben zu halten.
Parallel dazu verläuft die Liebesgeschichte zwischen Sophia und Luke. Sophia ist eine Geschichtsstudentin, die sich auch sehr für Kunst interessiert, Luke dagegen führt als Bullenreiter ein riskantes Leben, was Sophia nicht sehr gefällt und sogar Angst macht. Aufgrund dieser Unterschiede versteht sich das Paar nicht so gut. Sie wissen nicht, wie sie ihre Beziehung weiterführen sollen, und wollen sich trotz der großen Liebe trennen, bis sie an einem Tag wegfahren und auf dem Weg zufällig den Rentner Ira an seiner Unfallstelle sehen und ihm helfen. Denn als Sophia das Leben von Ira und Ruth kennenlernt, schöpft sie neue Hoffnung, da ihre Liebe der Lukes und Sophias ähnelt. Wird Ira es schaffen, den Tod zu überwinden, und wird die Liebe die Unterschiede zwischen Luke und Sophia unbedeutend erscheinen lassen? – Diese Fragen begleiten den Leser durch den Roman und lassen ihn immer weiterlesen. Auch durch die Parallelen zwischen den beiden Paargeschichten gelingt es Sparks, die Spannung zu steigern, sodass man das Buch nicht weglegen kann. Außerdem ist es auch großartig, dass es um zwei unterschiedliche Generationen geht. Denn dadurch kann man sich in Angehörige verschiedener Altersgruppen hineinversetzen und erkennen, wie anders sie das Leben sehen.
Sparks’ Stil ist wie in seinen anderen Werken ziemlich einfach, jedoch fesselnd. Da der Roman eine faszinierende Liebesgeschichte erzählt, bietet er sich eigentlich für jede Altersgruppe an, jedoch ist das Buch vor allem für (weibliche?) Jugendliche ab 12 Jahren empfehlenswert. Fans von Liebesgeschichten und Dramen werden das Buch mit Genuss lesen.



Nicholas Sparks: Kein Ort ohne dich, Heyne Verlag, Tb 2015, 536 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 12 Jahren






Emine Akbaba (Q11)






Charlie hört Stimmen!

Was würdest du tun, wenn du eines Tages merkst, dass du eine ganz besondere Gabe hast? Genau das passiert Charlie Bone, einem Jungen, der mit seiner Mutter, seinen zwei Großmüttern und einem Großonkel in einem völlig normalen Haus wohnt und dessen beste Freunde sein Nachbar Benjamin und dessen Hund Runnerbean sind. Von einem Moment auf den anderen kann der Zehnjährige etwas, was niemand sonst zu können scheint. Er ist in der Lage, sich mit den Personen in Gemälden und Photographien zu unterhalten. Als seine Großmutter Bone und deren drei Schwestern von seiner Fähigkeit erfahren, sind sie hellauf begeistert und wollen ihn sofort auf die berühmte Bloor-Akademie schicken. In diesem düsteren Internat, in dem die musisch, die schauspielerisch und die künstlerisch talentierten Kinder besonders gefördert werden, lernt der junge Charlie noch andere Kinder mit besonderen Gaben kennen. Außerdem erfährt er von der mysteriösen Geschichte des Roten Königs und kommt einem gefährlichen Geheimnis um ein verschwundenes Mädchen auf die Spur.
Dieser erste Teil der „Charlie Bone“-Reihe ist ein spannender und mitreißender Auftakt und fesselt schon von der ersten Seite an. Trotz dem großen Umfang lohnt es sich, bis zum Ende des Buches durchzuhalten. Und auch jeder weitere Teil der Reihe ist überaus lesenwert.



Jenny Nimmo: Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder, Ravensburger Buchverlag, 9. Aufl. 2007, 351 Seiten, 7,95 €; empfohlen ab 13 Jahren






Charlotte Polansky (Q11)






Eine geheimnisvolle Welt, sieben Jugendliche und eine unlösbare Aufgabe!

In einer völlig verwahrlosten Gegend, nackt und ohne jegliche Erinnerung an ihr Vorleben wachen sieben Jugendliche auf. Niemand kennt den anderen, sie haben nur einen Rucksack mit Überlebensmaterial und eine merkwürdige Botschaft, die ihnen mitteilt, dass die prärieähnliche Landschaft ein Labyrinth ist. Sie ist nur eine von sechs Welten, die man überleben muss. Aber es tauchen viele Probleme und Hindernisse auf. Am Ende jeder Welt gibt es jeweils ein Durchgangstor weniger, als es Mitstreiter sind. Pro Landschaft muss also eine Person zurückgelassen werden. Auf dem Weg in die nächste Welt werden die Kinder von schrecklichen Kreaturen verfolgt, die sie psychisch fertigmachen wollen. In der heißen Gegend beginnen sich Illusionen und Wahnvorstellungen zu bilden. Darüber hinaus müssen sie auch noch mit Hunger und Durst kämpfen. Außerdem läuft die Uhr: Nicht mehr als 72 Stunden haben die Jugendlichen bis zum Erreichen der Tore. So entsteht ein verzweifelter Kampf um Freundschaft, Liebe, Misstrauen und Verrat.
Der erste Teil der Labyrinth-Trilogie wirft viele Fragen auf. Der Leser wird plötzlich ohne Vorwissen oder andere Informationen in eine ungewohnte Umgebung geworfen. Man fühlt sich wie die Protagonisten, die ebenfalls keine Antworten auf die vielen Fragen und Rätsel haben. Deswegen kann man sich gut in die Jugendlichen hineinversetzen und fiebert mit ihnen mit. Vor allem aber fällt das Buch durch seine Perspektivwechsel auf. Alle paar Seiten ändert sich die Sichtweise, denn alle Charaktere denken unterschiedlich. Wie in vielen anderen Büchern gibt es auch hier die typischen Rollen: die Schwache, der mutige und unglaublich fürsorgliche Held oder der Einzelkämpfer, der nicht für das Wohl der Gruppe einsteht. Bis zum Ende der Trilogie weiß man aber nicht, wer welche Position vertritt und wer nur vorgibt, ein bestimmter Typ zu sein.
Alles in allem ist der erste Teil ein hochspannender Auftakt, den man fast nicht mehr aus der Hand legen kann!

Rainer Wekwerth: Das Labyrinth erwacht, Arena-Taschenbuch, 2015, 407 Seiten, 6,66 € als limitierte Sonderausgabe; empfohlen ab 13 Jahren






Rebecca Stüber (Q11)






Wenn der eigene Wille das größte Machtinstrument wird...

Jackson Opus ist ein außergewöhnlicher Junge. Er hat die Fähigkeit, Menschen mit seinen zweifarbigen Augen zu hypnotisieren, sie dazu zu bringen, das zu tun, was immer er will.
Kurz nach der Entdeckung seiner Fähigkeiten nimmt ihn ein geheimnisvolles Institut namens Sentia auf und gibt vor, ihn auf seinem Spezialgebiet fördern zu wollen, doch Doktor Mako, der leitende Oberhypnotiseur, scheint in ihm eine Art Joker zu sehen und experimentiert mit Jacksons Fähigkeiten herum, was das Zeug hält. Und dann trifft er auch noch auf einen trotteligen Opa im karierten Hemd, der sich als Axel Hirnbaum, Präsident der Sandmann Gilde, vorstellt und ihn irgendwoher zu kennen scheint. Jackson hat den Verdacht, dass irgendjemand in seinem Umfeld gewaltig Dreck am Stecken haben muss, denn ihm kommen die Begegnung mit dem alten Mann und auch die Abneigung eines Mithypnotiseurs aus dem Sentia-Institut gegen seine Person irgendwie komisch vor. Irgendwie muss er es schaffen, die Wahrheit in dem komplexen Feld an Lügen zu entdecken, um eine klare Sicht auf die Dinge zu bekommen.
Gordon Korman reißt einen sofort in einen Strudel undurchsichtiger Ereignisse, der einen die eigene Hand vor Augen nicht mehr erkennen lässt. Auch die Fähigkeit der Hypnose trägt natürlich stark zur Spannung bei, da diese Eigenschaft das „Gewürz“ der Geschichte ist und im Laufe des Buches viele neue Seiten aufweist, was die komplette Situation immer wieder neu aufrollt. Selbst am Ende werden diese verworrenen Strukturen aber nicht gänzlich mit Licht durchflutet, denn es gibt auch noch einen zweiten Teil des spannenden Abenteuers von Jackson Opus mit dem verheißungsvollen Titel: „Im Labyrinth der Erinnerung“, in dem voraussichtlich alles aufgeklärt wird. Insgesamt ist „Jackson Opus - Im Bann des magischen Auges“ ein Buch für Leute, die komplexe Geschichten mit unerwarteten Wendungen mögen.

Gordon Korman: Jackson Opus – Im Bann des magischen Auges, cbj-Verlag, 2015, 320 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 10 Jahren





Franziska Kölbl (Q 11)





Schon mit 13 Jahren Agentin des Geheimdienstes

Nach der Rückreise nach Twinford erleben Sabine und Brent Redfort sehr seltsame Dinge. Als Erstes verschwindet im Flughafen ihr Gepäck und am folgenden Tag sind ihre Möbel und ihre Haushälterin Mrs Digby auch weg. Das Ehepaar Redfort ist sehr wohlhabend und wohnt in Twinford. Sie haben eine Tochter, namens Ruby, die 13 Jahre alt, aber hochbegabt ist. Sie ist nämlich ein Genie, denn ihr wurde schon als Grundschülerin ein Platz an der Harvard Universität angeboten, den sie jedoch ablehnte.
Nach dem Verschwinden von Mrs Digby stellt die Familie den Butler Hitch ein, der sehr merkwürdig erscheint. Aufgrund dieser Geschehnisse beginnen Ruby und ihr bester Freund Clancey dem Geheimnis nachzuspüren, was sie am Ende zum Hauptsitz des Geheimdienstes führt. Dort erhält Ruby nach einer gesundheitlichen Untersuchung eine Stelle als Geheimagentin. Ihre Aufgaben bestehen darin, Codes zu knacken und Nachrichten zu entschlüsseln.
Der Geheimdienst hegt einen Verdacht bezüglich eines Banküberfalls einer kriminellen Bande, über die Rubys Vorgängerin Lopez eine Menge herausgefunden hatte, die sie jedoch aufgrund ihres Todes nicht überführen konnte. Ruby wird beauftragt, diese Tat mit Hilfe von Lopez’ Informationen zu ermitteln. Da ihr dies zu einfach und langweilig erscheint, beschließt sie, Daten der Räuberbande auf eigenem Weg zu finden, was sie in Lebensgefahr bringt.
Durch die seltsamen und geheimen Erlebnisse baut Lauren Child Spannung auf, sodass man neugierig auf das Folgende wird und das Buch nicht mehr weglegen kann. Auch kann man sich gut in Ruby versetzen, obwohl ihr Leben ziemlich unrealistisch ist, was aber den Leser in eine Fantasiewelt führt und somit Spaß erzeugt.
Der Ablauf der Geschichte macht den Roman leicht lesbar, was durch den unkomplizierten Schreibstil verstärkt wird. Das Buch eignet sich vor allem für Unterstufenschüler, die gerne Detektivgeschichten und mysteriöse Romane lesen. Auch Fans von Fantasiegeschichten werden Freude beim Lesen dieser unrealistischen Geschichte haben.

Lauren Child: Ruby Redfort – Gefährlicher als Gold, Fischer Verlag, Tb 2015, 448 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 10 Jahren




Emine Akbaba (Q11)





Literarische Reise nach Afghanistan

„Sieh, das ist Liebe, himmelwärts zu fliegen, in jedem Nu die Schleier zu besiegen, im ersten ganz den Atem anzuhalten, im letzten dann den Fuß zurückzuhalten“, heißt es auf der ersten Seite des Buches und ist eins der Lieblingszitate der jungen Protagonistin Fatima. Ihre große Liebe ist Sandkastenfreund Samiullah, genannt Sami, der unerwartet früh von der Universität zurückgekehrt ist. Die beiden könnten das perfekte Pärchen sein – würden sie nicht zwei unterschiedlichen Volksgruppen angehören.
Atia Abawis Debütroman spielt nämlich in Afghanistan, und dort ist es für eine Hazara (Fatima) und einen Paschtunen (Sami) praktisch unmöglich, sich auf eine Beziehung miteinander einzulassen. Deswegen können sie sich nur heimlich treffen. Doch Samiullahs Cousin Rashid, der sich, seit er die Koranschule besucht hat, einer islamistischen Miliz angeschlossen hat und streng nach deren Regeln lebt, macht den beiden jungen Liebenden einen Strich durch die Rechnung. Er verbietet ihnen, sich weiterhin zu treffen. Auch Fatimas Mutter stellt hohe Ansprüche an ihre Tochter. Seit sie die Sache mit Samiullah herausgefunden hat, befürchtet sie, dass Fatima Schande über sich selbst und die Familie bringt. Sie möchte sie mit einem anderen, erwachsenen Mann, der gleichzeitig der Vater ihrer besten Freundin ist, verheiraten, um damit ihre Ehre wiederherzustellen. Bald merken Fatima und Samiullah, dass sie fliehen müssen, um frei zu sein. Sie werden jedoch von der Terrormiliz verfolgt, der auch Rashid angehört, der für lange Zeit nicht erkennt, was richtig und falsch ist. Sami und Fatima sind in Lebensgefahr.
Trotz der teilweise grausamen und schockierenden Thematik gelingt es Abawi, eine sehr berührende Liebesgeschichte zu erzählen, die zeigt, dass echte Liebe keine Grenzen kennt. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass man beim Lesen auch einiges über die afghanische Kultur erfährt und einen Einblick in die Lebensweise erhält. Deswegen empfehle ich dieses Buch auf jeden Fall weiter.
Atia Abawi weiß, wovon sie schreibt: Die Autorin hat selbst afghanische Eltern und berichtete unter anderem aus Kabul fünf Jahre lang als Auslandskorrespondentin für diverse amerikanische Fernsehsender. „Der geheime Himmel“ basiert auf ihren Erfahrungen, die sie dort gesammelt hat.

Atia Abawi: Der geheime Himmel – eine Geschichte aus Afghanistan, dtv Verlag, 2015, 340 Seiten, 14,95 €; empfohlen ab 14 Jahren




Cassandra Fichtner (Q11)




„Es ist möglich, dass jedes Etikett ein Fluch ist. Denn jeder Mensch besteht aus jeder Menge Zutaten, die ihn zu etwas machen, das einzigartig ist.“

Die zwölfjährige Willow Chance ist ein ganz besonderes Mädchen: Sie ist hochbegabt. Ihre Leidenschaften sind die Zahl 7 und alles, was auch nur im Entferntesten damit zu tun hat: Medizin, insbesondere Hautkrankheiten, und Pflanzen, von denen sie ein breites Spektrum in dem Garten hinter ihrem Haus selbst anpflanzt, von Bambus über Palmen bis zum Gemüsegarten. Jedoch unterscheidet sie sich durch diese für ihr Alter etwas ungewöhnlichen Hobbys ganz entschieden von allen anderen Kindern an ihrer Schule und wird als seltsamer Nerd abgestempelt, was es für sie schwer macht, Freunde zu finden.
Nach einem Schulwechsel hofft sie, endlich ein paar Freundschaften zu schließen. Doch als die Klasse einen Test schreibt, bei dem Willow als Einzige die volle Punktzahl erreicht und ihn obendrein noch vorzeitig abgibt, wird ziemlich schnell vermutet, dass sie geschummelt hat. Und so wird sie zu einem Sozialberater namens Dell Duke geschickt, der sofort von Willows Intellekt fasziniert ist. Dell hat ein Ordnungssystem mit 7 Kategorien: Außenseiter, Chaot, einsamer Wolf, Irrer, Genie, Diktator und Mutant, wobei er die Kategorie Genie extra für Willow geschaffen hat. Das etwas andere Mädchen fühlt sich in Dells Gruppe von „Problemfällen“ sofort wohl und findet sogar in der zwei Jahre älteren Mai ihre erste und einzige Freundin. Für eine Weile scheint alles gut zu laufen in Willows Leben, doch dann kommen ihre Adoptiveltern bei einem Autounfall ums Leben und Willows ganze Welt stürzt ein.
Was dieses Buch zu einem ganz besonderen Exemplar der Literatur macht, ist zweifelsohne die faszinierende Protagonistin, bei der man einfach nicht anders kann, als sofort von ihr hingerissen zu sein und sich in den traurigen Szenen in sie hineinzuversetzen und mit ihr zu fühlen. Es ist wundervoll zu beobachten, wie sie die Menschen in ihrem Umfeld in ihren Bann zieht und sie dazu motiviert, zu einer besseren Version ihrer selbst zu werden. Besonders beeindruckend ist, wie Willow nach dem schweren Schicksalsschlag nie den Mut verliert und trotz ihrer Trauer sie selbst bleibt.

Holly Goldberg Sloan lebte in den Niederlanden, Istanbul, New York City, Washington und Oregon, bevor sie mit 24 Jahren ihr erstes Drehbuch an Paramount verkauft und sich in Kalifornien niedergelassen hatte. Seitdem arbeitet sie als Regisseurin, Filmproduzentin, Drehbuchautorin und Schriftstellerin. Ihr Jugendroman „Glück ist eine Gleichung mit 7“ steht in den USA seit seinem Erscheinen auf der Bestsellerliste.

Holly Goldberg Sloan: Glück ist eine Gleichung mit 7, Carl Hanser Literaturverlag, 2013, 300 Seiten, 16,90 €; empfohlen ab 13 Jahren



Christina Weiß (Q 11)







"Das Messer ist scharf"

Eine Studentenstadt, eine Protagonistin auf dem Weg ins Erwachsenwerden und ein rätselhaftes Kind – perfekte Voraussetzungen für einen spannenden Roman, der schon in Richtung Thriller geht! Die 18-jährige Svenja, gerade zuhause ausgezogen, beginnt ihr eigenes Leben in Tübingen in einer alten, heruntergekommenen Wohnung. Die Medizinstudentin genießt nun alle Freiheiten des Erwachsenenlebens und versucht, sich in der „neuen Welt“ zurechtzufinden. Bis sie plötzlich in ihrem Küchenschrank ein Kind findet. Es steht da, einfach so und auf dem Kopf. Als ob das nicht schon wunderlich genug wäre, spricht der Junge auch nicht mit ihr und scheint kein Zuhause zu haben. Svenja nimmt das verwahrloste, dreckige Kind bei sich auf und gibt ihm den Namen Nashville wegen seines T-Shirt-Aufdrucks. Nacht für Nacht verschwindet der rätselhafte Junge, und auch seine akuten Panikattacken sind nicht zu erklären. Als eines Tages eine erstochene Obdachlose in einem Wald gefunden wird, wird Svenja klar, dass sie sich in einer gefährlichen Lage befindet, denn der Mörder hat es anscheinend auf Penner abgesehen und Nashvilles Herkunft ist immer noch nicht geklärt. Wegen ihrer Entscheidung, den Jungen bei sich aufzunehmen, rückt sie sich selbst ins Visier des Täters und muss nun gut auf sich und Nashville aufpassen.
Antonia Michaelis' besonderer und bildlicher Schreibstil und die vielen gut beschriebenen Charaktere geben dem Leser das Gefühl, fast bei der Geschichte dabei zu sein. Das Rätsel um den Mörder wird erst ganz zum Schluss aufgedeckt und man verdächtigt im Laufe des Buches beinahe jede auftauchende Person. Mehreren Szenen im Wald in der Nacht und die Stellen, in denen jemand verfolgt oder beobachtet wird, sind einerseits spannend und fesselnd, andererseits aber auch gruselig. Die zwischendurch doch sehr unwahrscheinlichen Zufälle und die immer wieder schwankende Handlung führen dazu, dass der Leser kurz verwirrt ist.
Zum Schluss werden aber die meisten Unklarheiten aufgedeckt. Auch den zweiten Teil des Doppeltitels: „Das Wolfsspiel“, der am Anfang keine Bedeutung zu haben scheint, kann man erst ganz am Ende verstehen. Der Roman regt sehr stark zum Nachdenken an, da vor allem ein außergewöhnliches Thema angesprochen wird: „Das Leben zwischen den Zeilen“, wie die Autorin das Obdachlos-Sein betitelt. Der Leser erfährt die Geschichten und Hintergründe von Menschen ohne Wohnsitz und beginnt über die Situation dieser Leute nachzudenken. Im Gegensatz dazu steht die „gehobene Gesellschaft“, die Grillpartys in gepflegten Vorgärten feiert und sich im Fechten beweist. Die sozialen Unterschiede werden deutlich und man bemerkt, wie leicht man die „Unterschicht“ vergisst und ausblendet. Alles in allem ist „Nashville oder das Wolfsspiel“ ein hochspannender und tiefgründiger Thriller, dem es nicht an Gefühlen mangelt. Nicht nur für Jugendliche ein absolutes Lesemuss!

Antonia Michaelis: Nashville oder das Wolfsspiel, Oetinger-Verlag, 2013, 480 Seiten, 17,95 €; empfohlen ab 14 Jahren


Rebecca Stüber (Q11)






"Wer ist Malala?"

Diese Frage stellten zwei bewaffnete Taliban-Kämpfer beim Überfall auf einen Schulbus 2012, um gezielt die Waffe gegen dieses Mädchen richten zu können. In ihrem Buch „Ich bin Malala“ will die junge Pakistanerin nun eine Antwort geben und erzählt ihre Geschichte, die, wie sie selbst sagt, zwar ihre Welt verändert hat, aber nicht sie selbst. Malala Yousafzai hatte sich den Taliban widersetzt, die den Mädchen verbieten, zur Schule zu gehen. Sie gab Interviews für pakistanische und internationale Medien, war Sprecherin des Kinderparlaments im Swat (einem Distrikt in der pakistanischen Provinz) und führte obendrein ein vielbeachtetes Blog-Tagebuch über ihren Alltag unter den Islamisten für die BBC. Damit war ihr Todesurteil gefällt. Sie war erst 15 Jahre alt, als sie die Kugel aus nächster Nähe in den Kopf traf. Doch wie durch ein Wunder kam das mutige Mädchen mit dem Leben davon. Malala hört nicht auf, für ihren Traum zu kämpfen, und so hält sie selbst dieser Anschlag nicht davon ab, sich auch weiterhin für die Rechte von Kindern, insbesondere von Mädchen, einzusetzen. Malala, die durch ihren Mut einer ganzen Nation Hoffnung macht, gewährt uns einen Einblick in eine Welt, in der blinder Hass und Fanatismus Menschenleben zerstören und Träume vernichten. Doch auch im Hinblick auf den IS und die Flüchtlingskrise hilft sie uns, diese Menschen, den Unterschied zwischen Moslems und Extremisten, die Gründe für eine Flucht, die aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten und vieles andere besser zu verstehen. Malala wurde für ihr Engagement und ihren Mut mit dem Friedensnobelpreis 2014 ausgezeichnet.

Malala Yousafzai; Christina Lamb: Ich bin Malala, Knaur TB Verlag, 2014, 432 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 12 Jahren



Elisa Sepp (Q11)






Digitale Apokalypse

Angenommen, es gäbe kein Google, kein WhatsApp, kein Facebook, kein Apple, Instagram oder Twitter mehr, sondern nur noch ein einziges großes Unternehmen, das Zugriff auf alles hat. Auf alle Suchanfragen, auf alle Schritte, alle Geldgeschäfte, alle Gesundheits- und DNA-Informationen, alle Lebensaspekte, alle Daten von jedem Menschen. Dieser übermächtige Internetkonzern ist der Circle, gelenkt von drei „Weisen“, die das Wissen der Welt sammeln und für jeden zugänglich machen wollen.
Dave Eggers erzählt in seinem Roman die Geschichte von Mae Holland, die durch ihre Freundin Annie zu einem Job beim Circle gekommen ist. Sie startet als junge Support-Mitarbeiterin und wird in kürzester Zeit zu einer der wichtigsten Personen im Circle, da sie „transparent“ wird: Sie hat fast rund um die Uhr eine Kamera um ihren Hals eingeschaltet und lässt so die ganze Welt per Live-Übertragung an ihrem Leben teilhaben. Doch nicht nur Mae, sondern auch alle anderen Menschen sollen keine Privatsphäre und keine Geheimnisse mehr haben. Mae ist überzeugt davon, dass dies nur Vorteile haben kann. Die ganze Welt soll digital revolutioniert werden. „Alle werden getrackt, von der Wiege bis zur Bahre, ohne die Möglichkeit zu entkommen.“ Eine digitale Apokalypse naht.
Der Autor Dave Eggers bringt einen mit seiner Dystopie dazu, einmal ganz anders über den Wert von Privatsphäre, Demokratie und Öffentlichkeit nachzudenken. Liegt die im Circle beschriebene Überwachungsgesellschaft schon in naher Zukunft? [Anmerkung: Eine Dystopie ist eine in der Zukunft spielende Geschichte, die sich ins Negative entwickelt.]
Inhaltlich ist das Buch hochinteressant, jedoch finde ich es von der Umsetzung her wenig gelungen. Nicht nur die Handlung ist recht vorhersehbar, auch die Persönlichkeit der Protagonisten wird etwas vernachlässigt. Man erfährt kaum etwas über deren Eigenarten. Außerdem ist die Hauptperson Mae fast schon zu naiv und erkennt bis ans Ende die Schattenseiten des Circle nicht.
Dennoch ist der Circle ein zumindest von der Idee her schönes, wenn auch beängstigendes und insgesamt durchaus lesenswertes Buch. Die heutigen Technologien werden ein paar Jahrzehnte weitergedacht, dadurch entsteht ein Besorgnis erregendes Zukunftsszenario. Auch jetzt ist es schon schwer, online seine Anonymität zu wahren. Der Circle geht darüber hinaus.
Dave Eggers, 1970 in Boston geboren, zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Autoren. Sein Roman „Der Circle“ war 2014 auf der Spiegel-Bestsellerliste.

Dave Eggers: Der Circle, Kiepenheuer & Witsch Verlag Taschenbuchausgabe 2015, 560 S., 10,99 €; empfohlen ab 14 Jahren


Cassandra Fichtner (Q11)







„Der Traum ist der königliche Weg zu unserer Seele“

Der 17-jährige Franz Huchel wird 1937 von seiner Mutter nach Wien geschickt, um zu arbeiten. Völlig überwältigt von der großen Stadt tritt er seine Lehrstelle bei dem Trafikanten Otto Trsnjek an. Eines Tages kommt der weltberühmte Psychologe Sigmund Freud in die Trafik (so heißt ein Zeitungs- und Schreibwarenhandel in Österreich) und Franz begleitet den älteren Herrn nach Hause. Aus dieser Begegnung entsteht eine außergewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden. Freud gibt ihm Rat, wann immer Franz ihn braucht, vor allem für den Umgang mit der Varietétänzerin Anezka, in die er sich Hals über Kopf verliebt. Doch Anezka verschwindet immer wieder und bleibt für Franz unerreichbar. Irgendwann entscheidet er sich, sie zu vergessen, allerdings ist das nicht so leicht. Auf Anweisung des Professors schreibt er seine wirren Träume auf, um Ordnung in sein Leben zu bringen. Währenddessen gewinnt der Nationalsozialismus in Wien immer mehr an Einfluss. Als die Lage sich weiter zuspitzt, muss Freud mit seiner Familie nach London auswandern und Otto Trsnjek wird von der SS verhaftet.
Seethaler beschreibt den Wandel der Stadt Wien unter dem Einfluss Hitlers. Aber auch Franz verändert sich auf Grund der Erfahrungen, die er im Umgang mit den politischen Verhältnissen machen muss. Am Anfang des Buches ist er ein unbedarfter, ein bisschen naiver Junge vom Land. Am Ende dagegen ist er ein mutiger, kluger junger Mann, der sich furchtlos den Nazis stellt und sich um die sorgt, die er liebt.
Robert Seethaler ist Autor, Drehbuchautor und Schauspieler. Er veröffentlichte fünf Romane und für seinen letzten („Ein ganzes Leben“) erhielt er den Grimmelshausen-Preis.

Robert Seethaler: Der Trafikant, Kein & Aber, 2013, 250 Seiten, 11 €; empfohlen ab 16 Jahren



Marie Baumer (Q11)








„… weil alles so schön ist und so kurz“

„Das Gegenteil von Einsamkeit“ ist ein außergewöhnliches Buch voller Storys und Essays der jungen Marina Keegan. Die 22-Jährige, die kurz nach ihrem Abschluss an der Yale University tödlich verunglückt ist, erzählt in ihren Geschichten vom Leben, der Liebe und dem ganzen Rest. Jede erzählt von verschiedenen Studenten und ihren individuellen Schicksalen, vom Unfalltod des Freundes bis hin zu Familienstreitigkeiten.
Auch Keegans wohl bekanntester Aufsatz, die Titelstory „Das Gegenteil von Einsamkeit“, ist ein Teil der Sammlung, die ihre Familie zu ihrem Gedenken zusammengetragen hat. Der Essay stellt ihren Abschied von Yale dar und ist als Rede an ihre Mitschüler geschrieben. In ihm erzählt Marina Keegan vom Leben an ihrer Universität, ihren Hoffnungen und Träumen der Vergangenheit und ihrer Zukunft.
Dieses ganz besondere Buch ist ein fantastisches Werk über die Höhen und Tiefen des Lebens und der Liebe. Auch wenn die Geschichten sehr ernsthaft und gehaltvoll sind, ist trotzdem für jede Generation etwas dabei.

Marina Keegan: Das Gegenteil von Einsamkeit, Fischer Verlag, 2014, 288 Seiten, 18,99 €; empfohlen ab 15 Jahren



Charlotte Polansky (Q11)








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